Handball-Bundesliga BHC: Fanclub Bergische Löwen kritisiert Kooperation mit Düsseldorf
Wuppertal · In einem offenen Brief an den BHC und die Städte Wuppertal und Solingen warnen die Fans vor einem schleichenden Wegzug aus dem Bergischen Land. Der Club laufe Gefahr, alle Highlight-Spiele nach Düsseldorf zu geben.
Von Günter Hiege
In der Diskussion um die erweiterte Kooperation von Handball-Bundesligist Bergischer HC mit der Sportstadt Düsseldorf und der Austragung von vier bis sechs Spielen pro Saison im Düsseldorfer ISS Dome hat sich jetzt der BHC-Fanclub Bergische Löwen zu Wort gemeldet. „Im Klartext bedeutet dieser Schritt, dass quasi jeder Top-Termin und jeder Top-Gegner an die Metropole Düsseldorf verkauft wird. Den Fans im Bergischen, die den Verein seit seiner Gründung und auch schon zuvor mitgeprägt haben (. . .), wird hingegen der Bodensatz zur Resteverwertung überlassen“, lautet eine der Kernpassagen in einem Offenen Brief, den der Fan-Club-Vorsitzende Andreas Plett am Mittwoch an die BHC-Verantwortlichen und die Vertreter der Städte Wuppertal und Solingen geschrieben hat.
Die Städte kritisiert Plett insofern, dass sie die Bedeutung und Strahlkraft des BHC als sportliches Aushängeschild der Region nicht genügend erkannt und nicht für eine Infrastruktur gesorgt hätten, die für eine weitere Professionalisierung des BHC nötig sei. Insofern seien sie mitverantwortlich für dessen jetzige Zuwendung Richtung Düsseldorf.
Grundsätzlich habe auch die Fanszene die wirtschaftliche Notwendigkeit erkannt, mit Topspielen auch mal in große Arenen der Nachbarstädte auszuweichen und eines, zuletzt auch zwei Spiele pro Saison in Köln auszutragen.
Der jetzige Schritt habe jedoch eine andere Dimension. Drei Jahre später würden innerhalb eines Monats zwei Spiele im Düsseldorfer ISS-Dome ausgetragen, ein weiteres beschlossen. „Von „Highlights“ kann angesichts dessen, dass nicht einmal mit beiden Spielen zusammen die 13 400 Zuschauer aus Köln aus dem ehemaligen Weihnachtsspiel gegen Kiel erreicht wurden, keine Rede mehr sein“, so Plett. Auf dieser Basis der Sportstadt Düsseldorf Mitspracherechte, Einflussnahme und jährlich vier bis sechs Spiele im ISS-Dome bis 2022 einzuräumen, verkörpere das Gegenteil dessen, was den Bergischen HC seit seiner Gründung ausmache. „Hier sukzessive, beständige Entwicklung unter Einbeziehung des Ehrenamtes, dort großspurige Ankündigungen und umfangreiche finanzielle Investitionen ohne jedwede Basis.“
So sind die Fans auf ehrenamtlicher Basis immer noch in den Aufbau zu Spieltagen eingebunden, was in dieser Saison - bedingt durch Donnerstags- und Sonntagstermine allerdings zwangsläufig weniger geworden sei.
„Die Idee für den Brief hatte ich schon, seit der BHC die Kooperation mit Düsseldorf bekanntgegeben hat“, so Plett. Durch Vertragsdetails, die am Dienstag öffentlich wurden habe er sich noch bestätigt gesehen. Er widerspricht Äußerungen des BHC, die Fanclubs seien in die Überlegungen eingebunden gewesen. „Das Thema ist bei einem Fantreffen zwar aufgekommen, da ging es aber im Wesentlichen um die Erfahrungen aus dem ersten Spiel in Düsseldorf. Davon, dort künftig vier bis sechs Spiele pro Jahr auszutragen“, war da nicht die Rede“; so Plett. Dies danach als Fortbestand der Präsenz des Spitzenhandballs für das Bergische Land zu bezeichnen, empfände er als „frech und heuchlerisch denjenigen gegenüber, die bereits seit Jahren einen vergleichsweise hohen Aufwand bei niedrigem Komfort betreiben müssen, um ihre Löwen zu unterstützen.“
BHC-Geschäftsführer Jörg Föste, der nicht müde wird, zu betonen, dass das Herz des BHC im Bergischen bleibe, und die Ehrenamtler stets gelobt hat, wollte zu dem Offenen Brief am Mittwoch noch nicht Stellung nehmen. Mit seinem Geschäftsführerkollegen Philipp Tychy habe er vereinbart, sich nach seiner Rückkehr aus Kopenhagen erst zu dem Thema zu verständigen. Föste ist dort, um sich die WM-Vorrundenspiele der Schweden (bis Donnerstagabend) anzuschauen und internationale Kontake zu knüpfen.
Hier der Offene Brief im Wortlaut:
„Sehr geehrte Verantwortliche des Bergischen HC 06,
sehr geehrte Stadtvertreter der Städte Wuppertal und Solingen,
liebe Löwenfans, liebe Mitglieder des Fanclubs Bergische Handball-Löwen, seit 2006, also von Beginn an begleiten wir den Weg des Bergischen HC und setzen uns seitdem maßgeblich dafür ein, zwei zum damaligen Zeitpunkt rivalisierende Teams und sich nicht wohlgesonnene Fangruppen im Bereich des Sports zu vereinen. Getrieben von der Vision das Bergische Land dauerhaft und als Einheit auf der großen Handballbühne zu präsentieren, haben wir viele – anfangs skeptische – Stimmen überzeugen können und eine Identifikation für eine Region mitgeschaffen, die im Bergischen Land, aber auch in der deutschen Sportlandschaft, ihresgleichen sucht.
Wo andere ihr eigenes Süppchen gekocht haben, haben wir mitgeholfen, zu vereinen!
Das Engagement und die Hingabe der Fans zu „ihren“ Bergischen Löwen gipfelte darin, dass die Hallen selbst in aussichtslosen Tabellensituationen nahezu ausverkauft waren und die Fans durch die Bergische Krankenkasse mit einem Fairnesspreis bedacht wurden.
Umso mehr sind wir verärgert über die Entwicklung rund um den BHC in den letzten Tagen:
Aufgrund der seit einigen Jahren bereits völlig unzureichenden Sportinfrastruktur im bergischen Städtedreieck und der auf der anderen Seite einsetzenden Professionalisierung des Handballs hat auch die Fanszene der Bergischen Löwen die Notwendigkeit erkannt, zunächst eines, zuletzt auch zwei Spiele pro Saison in Köln auszutragen, um neue Zuschauer- und Werbepotenziale zu erschließen.
Rund 13.400 Zuschauer gegen Kiel am 27.12.2015 belegten eindrucksvoll, dass die Bergischen Zuschauer dazu bereit sind, diesen Weg mitzugehen und zugunsten eines Highlights auf ein Heimspiel „ zu verzichten“.
Drei Jahre später werden innerhalb eines Monats zwei Spiele im Düsseldorfer ISS-Dome ausgetragen, ein weiteres beschlossen. Von „Highlights“ kann angesichts dessen, dass nicht einmal mit beiden Spielen zusammen die oben genannte Zuschauerzahl erreicht wurde, keine Rede mehr sein.
Wohl aber reichen diese Spiele offensichtlich als Grundlage dafür, der Sportstadt Düsseldorf weitreichende Mitspracherechte, Einflussnahme und jährlich vier bis sechs Spiele im ISS-Dome bis 2022 einzuräumen. Jener Stadt, die bislang noch mit jedem Handballprojekt krachend gescheitert ist und hierbei immer genau das Gegenteil dessen verkörperte, was den Bergischen HC seit seiner Gründung ausmacht. Hier sukzessive, beständige Entwicklung unter Einbeziehung des Ehrenamtes, dort großspurige Ankündigungen und umfangreiche finanzielle Investitionen ohne jedwede Basis!
Im Klartext bedeutet dieser Schritt, dass quasi jeder Top-Termin und jeder Top-Gegner an die Metropole Düsseldorf verkauft wird. Den Fans im Bergischen, die den Verein seit seiner Gründung und auch schon zuvor mitgeprägt haben und die sich mit den Widrigkeiten der Infrastruktur abgefunden haben, wird hingegen der Bodensatz zur Resteverwertung überlassen.
Dies als „Fortbestand der Präsenz des Spitzenhandballs FÜR das Bergische Land“ zu bezeichnen, empfinden wir als frech und heuchlerisch denjenigen gegenüber, die bereits seit Jahren einen vergleichsweise hohen Aufwand bei niedrigem Komfort betreiben müssen, um ihre Löwen zu unterstützen. Auch fehlt uns eine sorgfältige Abwägung zwischen wichtigen wirtschaftlichen Interessen auf der einen sowie Fanbelangen auf der anderen Seite. Letztere sollten in einem derart auf das Ehrenamt ausgerichteten Verein wie dem BHC immer von hoher Bedeutung sein, will man nicht einen massiven Identitätsverlust riskieren.
In diesem Zusammenhang betonen wir ausdrücklich, dass – entgegen der Aussagen in der lokalen Presse - ein Gespräch über diese konkrete Entwicklung NICHT geführt wurde!
Die Entwicklung ist jedoch aus unserer Sicht auch ein Armutszeugnis für die Kommunen, die über Jahre hinweg die Bedeutung und Strahlkraft eines sportlichen Aushängeschildes ignoriert haben und es sich mit dem Verweis auf leere Kassen sehr einfach machen. Es zeigt unserer Meinung nach auch das ganze Ausmaß der Provinzialität der bergischen Stadtväter, zumal alle drei Städte derzeit unter der gleichen politischen Führung stehen!
Für die Zukunft erhoffen wir uns deutliche Impulse und Initiative der beteiligten Kommunen, um die Halleninfrastruktur zu verbessern. Wenn es möglich ist, für 60 Mio. EUR ein Tanztheater zu realisieren, sollte eine Arena für 15 Mio. EUR das kleinere Problem sein. Wenn man denn möchte…
In Bezug auf die Kooperation mit der Sportstadt Düsseldorf erwarten wir von der Vereinsführung eine Terminierung der Spiele im ISS-Dome mit Augenmaß. Mit zwei Spielen innerhalb eines Monats ist niemandem gedient – weder der Sportstadt Düsseldorf, noch den wirtschaftlichen Interessen des BHC und schon gar nicht den Fans. Einen drohenden Identifikationsverlust und die sorgfältige Abwägung von Wirtschafts- und Faninteressen sollten die Verantwortlichen ernst nehmen, will man in fremden Gefilden nicht eine ähnliche Bauchlandung erleiden, wie der VfL Gummersbach in Köln.
Der Vorstand der Bergischen Handball-Löwen