Diskussion über den Standort der Forensik in Wuppertal spitzt sich zu Minister Laumann stellt Wuppertal ein Ultimatum zur Forensik

Wuppertal · Bis Sommer Baurecht für die Kleine Höhe, sonst baut das Land an der Parkstraße.

Ungefähr an dieser Stelle soll auf der Kleinen Höhe eine Klinik für forensische Psychiatrie errichtet werden.

Foto: Ulrich Bangert

Karl-Josef Laumann (CDU), NRW-Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, hat der Stadt Wuppertal ein Ultimatum bezüglich der Planungen für eine forensische Einrichtung auf der Kleinen Höhe gestellt. In einem Schreiben an Oberbürgermeister Andreas Mucke (SPD), das der Redaktion vorliegt, heißt es: „Sollte der Satzungsbeschluss nicht bis zur Mitte des Jahres (2020, d. Red) gefasst worden sein, bitte ich um ihr Verständnis, dass ich den Landesbeauftragten für den Maßregelvollzug anweisen werde, die Fläche an der Parkstraße zur Bebauung zu benutzen.“

Laumann weist in dem Schreiben vom 13. Dezember, das kurz vor den Weihnachtsferien an die Ratsfraktionen weitergeleitet wurde, darauf hin, dass der Stadtentwicklungsausschuss der Stadt Wuppertal bereits am 25. Februar 2016 einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan für ein Sondergebiet „Forensische Klinik“ auf der Kleinen Höhe verabschiedet habe. Vor dem Hintergrund von aktuell überbelegten Maßregelvollzugskliniken sei es dringend erforderlich, Klarheit über die Fläche zur Errichtung einer Klinik in Wuppertal zu erlangen, so Laumann.

Der Minister hat einen langen Hebel in der Hand, um seiner Mahnung Nachdruck zu verleihen. Das Land NRW ist an der Parkstraße – in direkter Nachbarschaft zur Landesfinanz- und Landesjustizschule – im Besitz eines bereits erschlossenen Grundstücks, das für die Bebauung mit einer forensischen Einrichtung geeignet ist. Der Wuppertaler Stadtrat hat sich aber mehrheitlich auf die Bebauung der Kleinen Höhe festgelegt. In einem „Letter of Intent“ haben Stadt und Land einen „Tausch“ der beiden Flächen vereinbart. Sollte Baurecht für die Forensik auf der Kleinen Höhe geschaffen werden, könnte die Fläche an der Parkstraße von der Stadt für die Nutzung als Gewerbegebiet erworben werden, so der Minister.

Oberbürgermeister Mucke
sieht den Zeitplan nicht in Gefahr

Oberbürgermeister Andreas Mucke sieht keinen Grund von den bisherigen Plänen abzurücken. „Ich kann in dem Schreiben von Minister Laumann kein Ultimatum erkennen, sondern lediglich die Nachfrage, ob wir im Zeitplan bleiben. Und da bin ich sehr zuversichtlich“, so Mucke. Dies habe er Minister Laumann anlässlich eines gemeinsamen Termins zum Teilhabechancengesetz in Düsseldorf am Montag so mitgeteilt. Die Ungeduld des Ministers erklärt sich Andreas Mucke so: „Vielleicht wollte er mit seinem Brief die Mitglieder der Wuppertaler CDU an die bisherigen Absprachen erinnern.“

Die Standortfrage spaltet den Wuppertaler Stadtrat in einzelnen Fraktionen über die Parteiengrenzen hinaus in zwei Lager. SPD und CDU tragen nach dem Platzen der Großen Kooperation (Groko) als die beiden größten Ratsfraktionen weiter den Entschluss zur Bebauung der Kleinen Höhe. Das Kernbündnis von CDU und Grünen hat sich bei der Standortfrage für die Forensik nicht auf eine Stimme festgelegt. Während die Grünen den Naturraum Kleine Höhe schützen wollen und eine Bebauung ablehnen, ist die große Mehrheit der CDU-Ratsmitglieder dafür, eine etwa fünf Hektar große Teilfläche der Kleinen Höhe dem Land für die forensische Einrichtung zur Verfügung zu stellen. „Bei dem Thema Forensik gilt für Grüne und CDU sozusagen das Prinzip der freien Partnerwahl“, sagt Marc Schulz, ehemaliger Fraktionsvorsitzender der Grünen.

Die von Minister Laumann gesetzte Frist für diesen Sommer ist knapp bemessen. Dass im Herbst eine Kommunalwahl folgt, könnte Zufall sein – muss es aber nicht. Mit dem Beschluss über die Kleine Höhe wäre ein kontroverses Wahlkampfthema „abgeräumt“. Zumal der Wuppertaler Stadtrat nach der Wahl mit neuen Mehrheiten zu anderen Entscheidungen kommen könnte. Möglich ist aber auch, dass dem Minister der Geduldsfaden gerissen ist. Nach einem Formfehler war im vergangenen Herbst die zweite Offenlegung des Bebauungsplans Kleine Höhe erforderlich geworden. Wobei dies nicht die erste zeitliche Verzögerung im Planungsprozess gewesen ist.

„Die zweite Offenlegung hat es geben müssen, um jedes rechtliche Risiko auszuschließen. Inzwischen sind 1400 Bedenken und Anregungen bei uns eingegangen. Wir arbeiten mit Hochdruck und größtmöglicher Sorgfalt an einer dicken Vorlage, die alle Eingaben behandelt und würdigt. Etwa 90 Prozent führen Argumente gegen die Bebauung der Kleinen Höhe an“, sagt Stadtplaner Marc Walter. Die Zahl der Eingaben gehe weit über das übliche Maß hinaus. Das Ziel der Mitarbeiter im Planungsamt sei es, bis zum 30. April eine Vorlage zu erarbeiten, über die dann am 11. Mai im Stadtrat abgestimmt werden könne. Dass der Bebauungsplan beklagt wird, steht für Marc Walter außer Zweifel. So hat zum Beispiel die Bürgerinitiative Kleine Höhe, die seit Jahrzehnten für den Erhalt der freien Fläche kämpft, eine Klage angekündigt.