Blues-Konzerte im Ottenbrucher Bahnhof

2. Teil der WZ-Sommer-Serie: Jette Müller ist seit fast 20 Jahren Besitzerin und Betreiberin des Restaurants im Ottenbrucher Bahnhof.

Ottenbruch. "Als ich hier anfing, kam zwei Mal am Tag ein Zug vorbei. Da stieg dann einer aus und ging nach Hause", erinnert sich Jette Müller. 1991, als sie das Restaurant im Bahnhof Ottenbruch übernahm, hielt sich der Andrang auf der Nordbahn-Strecke bereits sehr in Grenzen. Deshalb wurde noch im gleichen Jahr der Personenverkehr und 1999 schließlich auch der Güterverkehr eingestellt.

Für das Restaurant machte das keinen Unterschied. Nur sehr selten verirrten sich Fahrgäste hierher, meist kamen Stammkunden, Vereine oder größere Gruppen. Wo früher allein reisende Frauen und ihre Kinder im Separée warten konnten, versammeln sich nun die Raucher. Im Warteraum der ersten und zweiten Klassen befindet sich die eigentliche Gaststätte, im großen Raum der dritten und vierten Klassen werden Familienfeiern sowie Konzerte veranstaltet. Dahinter hauste der Bahnhofsvorsteher in zwei Zimmern, die nun als Abstellraum und Büfett dienen.

"Mein Problem ist, dass die Bahn nur das Nötigste macht", bedauert die Pächterin, die selbst über dem Restaurant wohnt. 130 Jahre lasten auf dem Gebäude, das immer noch schmuck aussieht. Doch die Jahre sind - insbesondere an den sanitären Anlagen - nicht spurlos vorüber gegangen.

Auch im Umfeld wünschte sich Jette Müller mehr Engagement der Bahn. "Die Treppe zur Funckstraße ist seit 19 Jahren kaputt und deshalb abgesperrt, da passiert nichts." Auch die alten Schwellen, die sich unschön direkt gegenüber des Bahnhof-Biergartens stapeln, werden trotz Anmahnung nicht entsorgt.

Legalen und illegalen Partys im nahe gelegenen Tunnel kann Jette Müller wenig abgewinnen. "Da muss ich immer gucken, dass die keine Möbel demolieren. Und am nächsten Tag kann ich die ganzen Scherben wegräumen."

Belustigt hingegen sieht sie Familien, die schon jetzt mit Mountainbikes direkt über den Schotter die Nordbahntrasse entlang poltern. Ein Konzept für die Zeit, wenn die Trasse komplett fertig ist, hat sie noch nicht. "Dann müssen wir völlig umdenken, das überlege ich mir noch." Sinnvoll sei es sicher, dann auch tagsüber zu öffnen und einfache, schnelle Gerichte anzubieten.

Die beliebten Blues-Konzerte gehen jedenfalls unabhängig von der Trasse weiter. Im kleinen Saal wagten lokale Blues-Größen wie Hendrik Freischlader ihre ersten Schritte. "Viele Bands haben sich hier formiert", erinnert sich die Wirtin. Zwei bis drei Konzerte pro Monat organisiert Klaus Gronemeyer zwischen September und Juni.

Und auch sonst laufe der Betrieb optimal, freut sich die Chefin, die schon über ihren Ruhestand nachdenkt. Doch vorher möchte sie auf jeden Fall noch die Eröffnung der Fahrrad-Trasse miterleben.