Bunte Straßenkunst fürs Wohnzimmer

Michael Walmsley (39) macht Street Art mit Schablonen und Sprühdosen. Seine Werke hängen sogar in Berliner Wohnungen.

Foto: Uwe Schinkel

Wuppertal. Begonnen hat alles mit einer Suppe, einer Erbsensuppe genauer gesagt. Die hatte der Wuppertaler Michael Walmsley seiner kleinen Tochter auf die Wände ihres Kinderzimmers gesprüht: Eine wabernde, grüne Masse, die den Raum in eine bunte Spielelandschaft verwandelte. Das englische Wort für Suppe — Soup — gefiel Walmsley so gut, dass er seine Kunst unter diesem Namen vertreiben wollte. „Ich kann aber einfach kein U malen“, erklärt der 39-jährige Werbetexter, der deshalb unter dem Namen „Soop“ Stenciling macht.

Stencil — dieser englische Begriff für Schablone steht für eine ganz besondere Kunstform, die eigentlich im öffentlichen Raum — also auf Mauern, Hauswänden oder Brückenpfeilern — zu sehen ist. Michael Walmsley hat diese Form des Graffiti vor einigen Jahren in sein Wohnzimmer geholt. „Das erste Stencil habe ich von meiner Frau und meiner Tochter gemacht. Das hängt auch immer noch bei uns zuhause“, erzählt er.

Zu diesem einen Werk sind mittlerweile aber rund 100 weitere hinzugekommen. Das beliebteste Motiv: Pipi Langstrumpf und der Spruch „sei frech und wild und wunderbar“ — eine Auftragsarbeit. „Ich sollte etwas zum Thema Schweden machen“, sagt Walmsley. Da lag die Heldin der Astrid Lindgren Romane natürlich nahe. Als er das Motiv dann auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte, sei alles ganz schnell gegangen, erzählt er. Zehn Bestellungen seien innerhalb eines Tages in Walmsleys elektronischem Postfach eingetrudelt.

Der Ausgangspunkt für ein Soop-Stencil ist immer ein Foto, das erst im Computer bearbeitet und dann großformatig ausgedruckt wird. Nach dieser Vorlage werden die Schablonen ausgeschnitten. Für jede Farbe, die er in einem Bild verwenden möchte, muss der Künstler eine eigene Schablone herstellen. Erst im Anschluss geht es an die Sprühdose und damit das eigentliche „Malen“.

Im öffentlichen Raum ist der Untergrund eines Stencils meist aus Beton. Walmsley hingegen sprüht auf Büttenkarton oder ausgemusterte Europaletten. Die nimmt er auseinander, schraubt die Bretter auf Kante wieder zusammen, schleift dann das Holz ab und grundiert die Fläche schließlich. Ganz schön viel Arbeit, oder nicht? „Stimmt. Ich muss den Leuten oft erklären, dass meine Bilder keine einfachen Drucke sind, sondern einen ziemlichen Aufwand bedeuten“, sagt der Wuppertaler, der in einer Düsseldorfer Werbeagentur arbeitet.

Warum er nicht, wie seine berühmten Street-Art-Kollegen Banksy oder Blek le Rat, im öffentlichen Raum sprüht? „Dafür habe ich wohl zu viel Angst und könnte auch gar nicht schnell genug weglaufen“, sagt er und muss über sich selbst lachen. Humor hat der Mann, so viel ist klar. Kein Wunder, sein Vater war Brite — wie Banksy. Der berühmteste Vertreter der Stencil-Kunst ist eins von Walmsleys Vorbildern.

Banksy verändert und modifiziert oftmals bekannte Motive und Bilder. Auf diese Weise geht auch Walmsley vor: So hat er das Plakat zum Horrorfilm „The Shining“ als Vorlage genommen. Auf Walmsleys poppig-bunter Holzwand hält Hauptdarsteller Jack Nicholson aber statt einer Axt eine Rose in der Hand. „Ich wollte damit die Szene einfach ’entschrecken’“, sagt der Künstler.

Immerhin soll sich ja niemand fürchten, der einen echten Walmsley in sein Wohnzimmer hängt. Sechs Wuppertaler Stencils hat der Künstler bereits nach Berlin geschickt — in Deutschlands heimliche Street-Art-Hauptstadt also. Unter anderem hat Moderator Nilz Bokelberg bei ihm geordert. „Er hat mein Bild zwar verschenkt, aber will wohl auch noch eins für sich selbst haben“, erzählt Walmsley und freut sich schon auf den nächsten Auftrag für ein Soop-Original aus Wuppertal.