"Chaos-Tag": Elberfeld im Ausnahmezustand

Rund 200 Punker lieferten sich am Samstagnachmittag eine Straßenschlacht mit der Polizei. Es gab Verletzte und Sachbeschädigungen.
FOTOS: Punker greifen Polizisten an

Wuppertal. Es war ein angekündigtes Chaos, in dem Elberfeld am Samstagnachmittag versank. Der zur Punk-Ikone aufgestiegene gebürtige Wuppertaler Karl Nagel hatte zur "Jubiläumsfeier 25 Jahre Chaostage Wuppertal" vor den City-Arkaden aufgerufen. Vor 25 Jahren hatten sich Punker und Autonome aus Protest gegen diverse Ratsbeschlüsse zum Ordnungsrecht zu den berüchtigten "Chaos-Tagen" in Wuppertal getroffen und an sechs Wochenenden die Polizei in Atem gehalten.

Diesmal war die Polizei also vorgewarnt, doch was dann tatsächlich in der Elberfelder City geschah, war im Einsatzplan so nicht vorgesehen. "Wir konnten nicht damit rechnen, dass die Lage in diesem Maße eskaliert. Darauf gab es keinerlei Hinweise", musste Polizeisprecher Gustav Heyer zugeben.

Gegen 12 Uhr fand sich die erste Gruppe Punker auf der Alten Freiheit zusammen. Zunächst blieb es auch ruhig. Richtig los ging es gegen 14 Uhr. Nach Polizei-Angaben schlugen an vielen Stellen in der Innenstadt Szene-Angehörige los, warfen Pflastersteine und Bierflaschen. Am Kerstenplatz Richtung Poststraße prallten die Protestler und die Sicherheitskräfte frontal aufeinander.

Mittendrin bewegten sich Hunderte von Passanten mit Einkaufstüten. Dutzende Wuppertaler verfolgten das Geschehen aus der Eisdiele oder dem Café. Die Marktleute diskutierten mit ihren Kunden, was sich da gerade unmittelbar neben ihren Marktständen abspielte.

Stundenlang dauerte das Scharmützel mit den Beamten, die die Lage weitgehend in Griff bekamen, immer wieder aber hinter versprengten Haufen von Punkern her waren.

Auf der Neumarktstraße trafen im Sekundentakt Einsatzfahrzeuge der Polizei ein und riegelten den Bereich ab. Ein Teil der rund 300 Polizisten war direkt von der Autobahn nach Elberfeld beordert worden. Die Beamten waren auf dem Rückweg vom Einsatz in Heiligendamm.

Unter den Augen zahlreicher Schaulustiger gab es Festnahmen und Verbalattacken. Gegen 16 Uhr trieb die Polizei die Versammelten auseinander, umzingelte sie in kleinen Gruppen unter anderem auf dem Kerstanplatz. Nach Polizeiangaben sollten so die Personalien der Chaos stiftenden Punks aufgenommen und ihnen Platzverweise erteilt werden. Nach Beobachtungen der WZ gerieten aber auch Unbeteiligte in den Kessel.

Während einige Passanten das als gute Abschreckungsmaßnahme werteten, empörten sich andere. Erst am Abend beruhigte sich die Lage weitgehend. Und auch in der Nacht kam es zu keinen Ausschreitungen. Die Bilanz am Tag danach: 47 Festnahmen, rund 200 Verweise und beschädigte Autos. Die eigentliche Erkenntnis aber ist für Gustav Heyer: "Diese ausgeprägte Gewaltbereitschaft gab es vor 25 Jahren nicht."