Polizeiorchester: Trompeter darf weiter für die Polizei spielen
Wie das Land einen altgedienten Musiker in ein Büro versetzen wollte und damit scheiterte.
Wuppertal. Wenn Hans M. (Name von der Redaktion geändert, Foto unten: Andreas Fischer) seine Trompete zur Hand nimmt, ist er ein glücklicher Mann. Und auch Publikum und Kollegen schätzen es, wenn Hans M. die Trompete spielt. Seit 30 Jahren tut er das im Dienst des Landes NRW - genauer gesagt im Polizeiorchester mit Standort an der Müngstener Straße. Doch dann der Schock für den Musiker. Man legte ihm nahe, zukünftig doch bitte einen Verwaltungsjob zu verrichten.
Es ist ein bisschen so, als würde man den Gitarristen der Rolling Stones zwingen wollen, ab sofort Akten zu sortieren, statt Rock’n’Roll zu spielen. "Ich ins Büro? Das geht nicht. Ich kann ohne Musik nicht leben", sagt auch der 58 Jahre alte Hans M. Er klagte gegen die drohende Versetzung.
Zur ersten Verhandlung am Wuppertaler Arbeitsgericht kamen jede Mengen Orchesterkollegen. Sie hörten uncharmant anmutende Dissonanzen seitens des beklagten Landes. Hans M. werde nicht mehr benötigt, werde den Anforderungen nicht mehr gerecht, zeichne sich durch einen laienhafte Tonbildung und fehlendes rhythmisches Auffassungsvermögen aus, sei überfordert, heißt es in der Klageabweisung.
Doch damit kam das Land nicht durch. Erstinstanzlich hatte Hans M. Erfolg. Doch das Land zog weiter. Gestern der Termin vor dem Landesarbeitsgericht. Unversöhnlich standen sich dort die Parteien gegenüber. Verteidiger Michael Schröder erklärte gebetsmühlenartig, dass sein Mandant Zeit seines Berufslebens nur eines für das Land NRW getan hat - eben Trompete spielen. Der Werdegang von Hans M. spricht Bände. In der Schule war er wenig erfolgreich. Dafür hatte er eine überdurchschnittliche Begabung an der Trompete. Als junger Mann bekam er deshalb ein Stipendium, studierte an der Musikhochschule in Köln. 1977 wurde er ins Polizeiorchester aufgenommen.
Polizei-Trompeter Hans M.
Und so jemand soll jetzt auf einmal Bürodienste verrichten? Daran hatte auch die Richterin gestern erhebliche Zweifel. Ohne längere Ausbildung sei das wohl kaum machbar, hieß es gestern. Und das bei einem 58-Jährigen. Bliebe immerhin der Ausweg einer Frühverrentung oder einer Abfindung.
Doch darauf konnten sich die zerstrittenen Parteien gestern nicht verständigen. So bot Regierungsdirektor Werner Stahl vom Institut für Aus- und Fortbildung der Polizei NRW in Selm an, bis November zu prüfen, wie man sich doch noch außergerichtlich vergleichen könne.
Das lehnte Rechtsanwalt Schröder - nach eigenen Angaben selbst Trompete-Spieler - kategorisch ab. "Mein Mandant spielt seit geraumer Zeit mit einem Kloß im Hals. Das muss aufhören. Ich will eine Entscheidung des Gerichts." Und so kam es dann auch. Am Nachmittag wurde die Berufung des Landes gegen die Klage des Polizei-Trompeters Hans M. aus Wuppertaler zurückgewiesen. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass das Urteil rechtskräftig wird.
Hans M. darf also weiter spielen. Erst am vergangenen Fronleichnams-Feiertag trat er samt Polizei-Orchester in Monschau auf. Er übt immer noch drei bis vier Stunden täglich - mit und ohne seine Kollegen. Die konnten gestern übrigens nicht zur Verhandlung kommen. Wie die WZ erfuhr, soll die Orchesterleitung kurzfristig eine Probe angesetzt haben.