Digitalisierung Rückkehr zur Verwaltung im alten Stil wird es nicht geben

Wuppertal · Die Coronakrise hat die Prozesse der Digitalisierung enorm beschleunigt.

Das Rathaus Barmen müssen wegen der Digitalisierung immer weniger Bürger aufsuchen.

Foto: Fischer, A. (f22)/Fischer, Andreas (f22)

Die Corona-Pandemie hat die Arbeit in der Stadtverwaltung dauerhaft verändert. Ein Zurück zu den alten Arbeitsabläufen in allen Abteilungen werde es auch nach der Coronakrise nicht mehr geben, kündigte Oberbürgermeister Andreas Mucke an. Die Coronakrise habe den bereits zuvor eingeleiteten Prozess der Digitalisierung der Verwaltung extrem beschleunigt. Bis zu 160 Video- und Telefonkonferenzen täglich haben in den Verwaltungsstellen die sonst üblichen Sitzungen und Meetings ersetzt. 1500 der rund 4000 Mitarbeiter der Verwaltung wurden mit mobilen Endgeräten ausgestattet, 2000 Nutzer können sich aus dem Homeoffice in das städtische Netz aufschalten.

Als Mitte März in vielen Unternehmen auf Homeoffice umgeschaltet wurde, legte auch die Wuppertaler Stadtverwaltung den Hebel um. Mehr als 1200 zusätzliche Zugänge zum städtischen Netz wurden innerhalb weniger Tage eingerichtet, um unter anderem auch die Datensicherheit zu gewährleisten. Der Durchbruch der internen Kommunikation wurde geschafft, als die App MIA an den Start ging, über die sich alle Mitarbeiter der Stadtverwaltung über alle relevanten Informationen zum Arbeitsalltag informieren können. 3000 Mitarbeiter der Stadtverwaltung haben MIA inzwischen auf ihrem Smartphone oder Tablet installiert.

OB Mucke: „Die Skepsis ist
in Windeseile verflogen“

„Ich möchte, dass wir Vorreiter in ganz Deutschland sind, was die Digitalisierung der Verwaltung angeht“, sagt Andreas Mucke. Es gehe darum, die Abläufe zu verbessern und damit auf Dauer die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen. Den finanziellen Aufwand habe die Stadt als Teil der digitalen Modellregion durch die Förderung des Landes auf vier Millionen Euro erhöhen können.

Gegenüber einer digitalen Verwaltung habe es viel Skepsis gegeben - von den Bürgern und einem Teil der Mitarbeiter. „Die Skepsis ist in Windeseile verflogen“, so Mucke. Die Verwaltung sei auf dem Höhepunkt der Coronakrise handlungsfähig geblieben.

Zwar habe die Stadt den Publikumsverkehr reduzieren müssen, sei aber über die Mitarbeiter im Homeoffice weiter für die Bürger tätig gewesen. „Wir waren schnell in der Lage, erhebliche Teile der Belegschaft in Homeoffice zu schicken und haben damit in den Dienststellen Raum geschaffen, um den notwendigen Abstand einhalten zu können“, sagt Stadtdirektor Johannes Slawig.

„Wir hatten rund um die Uhr zu tun, um alle Mitarbeiter arbeitsfähig zu halten“, sagt Daniel Heymann, Leiter des Amtes für Informationstechnik und Digitalisierung. Gerade die Vielzahl der Videokonferenzen bedeutete einen ersten Belastungstest für die im vergangenen Jahr eingerichtete technische Infrastruktur. „Die Systeme waren an der Grenze - mehr Videokonferenzen gingen nicht mehr. Eine Erweiterung der Kapazitäten war nur extern möglich. Hier müssen wir aufpassen, dass wir uns nicht Sicherheitsprobleme einhandeln“, so Heymann.

„Wir haben die Erfahrung gemacht, dass nicht für jedes Gespräch mit der Bezirksregierung eine Fahrt im Stau nach Düsseldorf erforderlich sein muss“, sagt Johannes Slawig. Mit Oberbürgermeister Andreas Mucke ist er sich einig, dass nicht jedes persönliche Gespräch durch eine Videoschalte ersetzt werden kann. Die Zahl der Video- und Telefonkonferenzen werde inzwischen zurückgefahren, aber auch in diesem Punkt habe Corona auf Dauer Einstellungen und Abläufe verändert.

Im Idealfall entfallen
lästige Wartezeiten

Digitalisierung soll den Service für den Bürger verbessern. Im Idealfall entfallen „der Weg zum Amt“ sowie lästige Wartezeit. In der neuen digitalen Arbeitswelt sollen sich aber auch die Mitarbeiter der Verwaltung zu Hause fühlen. „Wir sind Dienstleister, das ist eine Chance, die wir nutzen. Die Mitarbeiter sind Teil der Lösung. Wir wollen die Mitarbeiter auf diesem Weg mitnehmen“, so der Oberbürgermeister.

In diesem Punkt bleibt der Stadtspitze keine andere Wahl, denn in den kommenden fünf Jahren wird die Verwaltung rund 1000 erfahrene Mitarbeiter verlieren, die sich in den Ruhestand verabschieden. Die Stadt bildet inzwischen allein für den eigenen Bedarf aus. Doch das reicht nicht aus, um die Lücken zu schließen, die der demographische Wandel mit sich bringt. „Wir stoßen an räumliche und personelle Grenzen. Wir brauchen daher moderne Technik, um uns von Routineaufgaben zu entlasten. Die Ausbildung in der Verwaltung ist der Einstieg in eine gute Berufslaufbahn mit Aufstiegschancen. In den kommenden Jahren müssen wir eine Vielzahl von Führungskräften ersetzen. Das ist für junge Leute eine hervorragende Perspektive“, so Stadtdirektor Johannes Slawig.

Die Projekte der digitalen Modellregion seien ein interessantes Arbeitsfeld für Bewerber: So die Umstellung der Verwaltung auf E-Akten sowie die Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen für die Bürger. „Wir befassen uns mit den Technologien und Arbeitswelten von morgen. Da geht es um große Themen wie Cloudcomputing, Blockchain und Chatbots, die den Arbeitsalltag maßgeblich verändern werden.“