„Da entsteht Integration, weil wir das Miteinander leben“
Evangelische Flüchtlinge werden einbezogen. Katholischen wird ermöglicht, ihren eigenen Ritus auszuleben.
Wer irgendwo neu ist, sucht erst einmal nach etwas Vertrautem, nach Anknüpfungspunkten. So geht es auch zahllosen Flüchtlingen. Und so mussten auch die christlichen Gemeinden mit einem Zuwachs der Gläubigen umgehen. Dabei haben evangelische und katholische Kirchen einen anderen Umgang mit ihren Neuankömmlingen. Auch wenn beide den Glauben als starken Integrationsvorteil sehen.
Pfarrerin Katharina Pött von der Gemeinde Langerfeld berichtet von einer Gruppe Menschen aus dem Iran, die vergangenen Februar in die Kirche Langerfeld kamen. Es waren 16 Menschen aus dem Iran, die aus dem Art-Hotel, der zentralen Unterbringungseinrichtung des Landes für Flüchtlinge, gekommen waren und auf der Suche nach einer Kirche waren, um etwas über den christlichen Glauben zu lernen. „Einige waren im Iran schon in Untergrund-Kirchen aktiv, aber ohne Theologen“, sagt Pött. Sie hätten sich alles, was sie über das Christentum wussten, selbst beigebracht.
Im Iran sind mehr als 99 Prozent der Menschen Muslime. Die christliche Minderheit beträgt weniger als 0,5 Prozent der Bevölkerung. „Es gibt Christen, aber Konvertieren ist nicht vorgesehen und streng verboten“, sagt Pött. Deswegen konnten sich diese Menschen nicht frei über die Religion informieren. Das wollten sie jetzt in Deutschland nachholen — und sich taufen lassen.
Die Gemeinde von Pött hat deswegen einen Glaubenskurs begonnen, der Taufkurs geworden ist. Sie haben Unterlagen auf Deutsch und Farsi besorgt, die wichtigsten Religionsbegriffe erklärt und sich über biblische Geschichten ausgetauscht.
Von den 16 sind zwölf der Gemeinde erhalten geblieben, kommen in die Gottesdienste und ins Kirchencafé. „Da entsteht Integration“, sagt Pött, „weil wir das Miteinander leben“.
Die katholische Kirche in ihrer größeren Diversität hat da eine andere Strategie. Werner Kleine, Berater für Glaubensfragen bei der KGI Fides-Stelle Wuppertal erklärt, dass die Katholiken in ihrem Kirchenrecht vorschreiben, dass Gemeinden alles tun müssen, um ihren Neuankömmlingen den Glauben nach dem eigenen Ritus zu ermöglichen.
So habe man die Gemeinde arabisch-sprachiger Christen in der St. Petrus Kirche in Laaken gegründet und einen melkitischen Priester angestellt, der die Gottesdienste für die arabischen Christen leitet — der Liturgie von Johannes Chrysostomus folgend. Die Gemeinde habe 200 Mitglieder, davon kämen 100 regelmäßig zum Gottesdienst.
Kleine erzählt, dass die anderen Gemeinden die Menschen gerne integriert hätten - auch um die eigenen Kirchen wieder zu füllen -, das sei aber eben kirchenrechtlich nicht möglich gewesen. „Das hat etwas mit Respekt vor den anderen Kulten zu tun“, sagt er, vor der religiösen Identitäten der Menschen. „Alle gleich zu machen, ist keine Integration“, sagt er. Stattdessen komme die Integration dadurch zustande, dass die neue Gemeinde eben genauso am Kirchenleben teilnehme wie die anderen. „Die Gemeinde nimmt etwa am Pfarrfest bei der Nachbargemeinde St. Elisabeth teil“, sagt er. So wie andere Gemeinden auch zusammen feiern und sich präsentieren. Sie agieren damit so wie die anderen teils fremdsprachigen Gemeinden - etwa die italienische, polnische oder kroatische.
Abgesehen von den religiösen Bemühungen sind beide Kirchen natürlich auch um weltliche Integration bemüht und helfen ihren Mitgliedern bei Hindernissen wie Behördengängen, Sprache und Arbeitssuche. Die Probleme haben sich aber geändert. Daher ist Katharina Pött gerade dabei, mit Ehrenamtlichen neue Konzepte für das Begegnungs-café der Gemeinde zu entwickeln. „Integration hört nicht nach zwei Jahren auf“, sagt sie.