Offen gesagt Das Auge des Betrachters

Wuppertal. Ist das Kunst oder kann das weg? Diese Frage stellt sich dem Betrachter beim Blick auf die bunten Werke, die ihm die Parteien vor der Landtagswahl am 14. Mai in den Weg stellen.

Was will uns der Künstler sagen? Klein ist der Beitrag der Grünen zur Beantwortung dieser Frage. So verwaschen wie die Farben sind die Botschaften grüner Wahlplakate: „1. Zusammen. 2. Wachsen.“ — heißt es auf einer der großen Tafeln, die im Fachjargon Wesselmänner genannt werden. Eine Anspielung auf die rot-grüne Koalition ist dieses Motiv wohl kaum. Irgendwie geht ohnehin alles in undefinierbaren Mischfarben unter. Angesichts des Wischi-Waschi der Grünen ist es nachvollziehbar, dass Medienprofi Jörg Heynkes, unabhängiger Landtagskandidat mit grünem Ticket, dem eine klarere Optik entgegensetzt. Eigentlich fehlt ja ohnehin nur ein kleiner Tupfer und schon hätte man Heynkes farblich bei den Liberalen verorten können. Doch zur FDP später mehr. Heynkes macht sich auf den Plakaten klein — seine Gedanken und Weltanschauungen dagegen groß. Das ist clever und unterstreicht seinen Ansatz als Einzelkämpfer. Dass er mit seinem großen künstlerischen und wohl auch finanziellen Plakateinsatz gerade seine Grünen alt und konturlos aussehen lässt, das dürfte — genau — besonders die FDP freuen. Wobei wir bei den Liberalen sind, die ihren Hoffnungsträger Christian Lindner ebenfalls als Einzelkämpfer inszenieren. Es sieht fast so aus, als wollte sich der gebürtige Wuppertaler für die Nachfolge von Daniel Craig als James Bond bewerben. Der Mann hat offenbar eine geheime Mission. Doch bekanntlich will er die ja weder in Wuppertal noch in Düsseldorf, sondern in Berlin erfüllen. Wenn sie dürften, die Liberalen, sie würden ihre Lindners gleich bis September hängen lassen. Wer die ganze Pracht der inhaltsleeren Wahlplakate unserer Parteien erleben möchte, der sollte sich auf den Weg zum „Plakatodrom“ auf der Hundewiese vor der Schwebebahnstation Hammerstein machen. Dort ist das ganze politische Spektrum vertreten. Dort demonstrieren die Parteien eindrucksvoll, wie sie sich gemeinsam und wirkungslos plakativ in Szene setzen. Großformatig mit am Start die SPD und CDU. Da weiß man was man hat: routinierte Langeweile mit mehr oder weniger bekannten Gesichtern. Warum gibt es überhaupt Wahlplakate? Weil es die schon immer gab? Das kann doch nicht der Grund sein, so viel Geld in den Sand zu setzen. Eine hohe Wahlbeteiligung ist zwar ein gutes Zeichen für eine wehrhafte Demokratie in Zeiten des Populismus. Daher muss für den Wahlgang geworben werden. Doch das sollten die Parteien mit starken Themen tun. Jede Wählerstimme ist über die Parteienfinanzierung übrigens bares Geld wert. Wählerstimmen füllen Parteikassen. Der Wähler wäre deshalb dankbar, wenn die Parteien das Geld sinnvoll anlegten. Und das bitte nicht in noch mehr Plakaten für die Bundestagswahl.