Offen gesagt Mensch Wuppertal

Vor ein paar Tagen ist in der Sparkasse am Johannisberg der Wuppertaler Wirtschaftspreis vergeben worden. Auf der Bühne in der Glashalle standen strahlende Sieger, im Publikum saßen Unternehmer und Geschäftsleute, die sich ehrlich mit den Siegern freuten.

So ein Wirtschaftspreis ist ja auch nicht irgendetwas. Das hat er mit Wuppertals Unternehmen und Unternehmern gemeinsam. An jenem Abend waren in der Glashalle durch die Vertreter der Wirtschaftswelt Milliarden-Umsätze und eine Innovationskraft vertreten, um die viele Städte Wuppertal beneiden werden. Es gibt Menschen in Düsseldorfer Regierungskreisen, die es der Bergischen Metropole ernsthaft und voller Überzeugung zutrauen, das Leipzig des Westens zu werden. Wer die Verleihung des Wirtschaftspreises beobachtet hat, wird dem vermutlich zustimmen.

Am Donnerstag ist im Rathaus die Große Kooperation beendet worden. Die CDU hat ihrem Partner SPD höflich und respektvoll, aber unmissverständlich den Stuhl vor die Tür gestellt. Für die Christdemokraten war das ein Akt der Notwehr. Sie ist in der Kooperation als eigenständige Fraktion mit eigenen Ideen und Plänen zuletzt nicht mehr wahrnehmbar gewesen. Das ist misslich zwei Jahre vor der nächsten Kommunalwahl, in der das Ziel der Christdemokraten sein muss, den amtierenden Oberbürgermeister aus dem Amt zu entfernen. Die CDU und der Sozialdemokrat Andreas Mucke sind lediglich in inniger Ablehnung verbunden.

Beide Ereignisse, die Verleihung des Wirtschaftspreises an Radprax und das Ende der schwarz-roten Ehe im Rathaus, haben miteinander zu tun. Wuppertals Wirtschaft ist nämlich erfolgreich, obwohl es den Stadtrat und den Verwaltungsvorstand gibt. Sie könnte nun aber dadurch noch erfolgreicher werden, dass mit dem Ende der Groko die Politik in Wuppertal aus ihrem Dauerschlaf erwacht. Die Zeit des Zögerns, des Abwartens, des Nicht-Entscheidens, der zunehmend unfruchtbarer gewordenen Gespräche unter acht bis zehn Augen sollte nun vorbei sein. Das gilt ebenso für das Genörgele der Opposition im Rathaus. Sie muss sich darauf einstellen, dass sowohl die CDU als auch die SPD sie in Entscheidungen einbinden. Schließlich brauchen die Großen die Kleinen, um Mehrheiten zu gestalten. Schmollecken und Ideologie-Nischen taugten noch nie, jetzt könnten sie obendrein kontraproduktiv und schädlich sein.

Es wird nämlich allerhöchste Zeit, dass Rat und Verwaltung die Dynamik entwickeln, die einige Unternehmen in Wuppertal seit geraumer Zeit haben. Die Bewegung in der Welt der Wirtschaft führt schließlich nicht automatisch dazu, dass sich auch die Stadt in die richtige Richtung bewegt. Es gibt reichlich Arbeit in Wuppertal. Das Glas ist halbvoll. Und vielleicht bekommt die Stadt durch das Ende der Groko nun die Hand an die Flasche, um es ganz zu füllen.

Davon ist Wuppertal nun seit einigen Jahren weit entfernt. Wäre diese Stadt ein Mensch, müsste sie sich jeden morgen fragen, wofür sie aufstehen soll. In der Vergangenheit gab es dafür gute Gründe: Die Junior Uni wollte gebaut werden, die Nordbahntrasse brauchte die Leidenschaft der Stadtgesellschaft und der Döppersberg brauchte die Leidenskraft der Groko. Inzwischen sind die Ziele ausgegangen und damit die Gründe für Wuppertal, morgens ans Werk zu gehen. An welches auch?

Es ist Aufgabe des Stadtrates, das Wuppertal von morgen zu planen und das von übermorgen zu denken. Es ist Aufgabe der Politik, dieser Stadt Ziele zu geben, und es ist die Aufgabe der Stadtverwaltung gemäß den Aufträgen des Rates alles dafür zu tun, dass diese Ziele erreicht werden. Mit ihrer logischen Scheidung von der SPD hat die CDU Wuppertal die Chance eröffnet, neue Projekte anzupeilen oder alte, längst überfällige, zu einem erfolgreichen Ende zu führen. Kindergärten, Arbeitsplätze, Gewerbe- und Wohnungsbauflächen sind nicht schwarz, rot, grün oder gelb, sie sind dringend notwendig. Wenn der Stadtrat für die Unternehmen, Unternehmer und Bürger Wuppertals auf diesem Weg vorankommt, dann hat er irgendwann sogar den Wirtschaftspreis verdient.