Der gläserne Wuppertaler: Stadt gibt Daten raus und Google knipst

Eine halbe Million Euro nimmt die Stadt jährlich mit den Anfragen ein.

Wuppertal. Jedes Jahr erteilt das Einwohnermeldeamt der Stadt Wuppertal etwa 140.000 Auskünfte über die Bürger dieser Stadt. Das hat Stadtsprecherin Martina Eckermann auf Anfrage der WZ bestätigt.

Rechtsanwälte, Versandhäuser, Inkasso-Dienste und andere Unternehmen erhalten ebenso die Daten der Menschen, wie Privatpersonen und andere Behörden. Die Stadt verlangt für jede Auskunft sieben Euro und nimmt geschätzt im Jahr dadurch eine halbe Million Euro ein - Auskünfte an andere Behörden sind kostenfrei.

"Wir verkaufen die Daten nicht, der Gesetzgeber hat aber ausdrücklich vorgesehen, dass bei einem berechtigen Interesse die Daten herausgegeben werden", erklärte die Sprecherin. Ein berechtigtes Interesse kann demnach sein, dass jemand Schulden bei einem Versandhaus hat - und dieses die Adresse des Wuppertalers sucht.

Aber: Es gibt immer mehr professionelle Datensammler in Deutschland. Was die später mit den Namen, Adressen und anderen Daten gemacht wird, das kann die Stadt nicht mehr kontrollieren. "Für das Handeln von Dritten sind wir nicht verantwortlich", sagt denn auch folgerichtig Martina Eckermann.

Fakt ist, dass die Auskünfte in Teilen sogar noch weitergehend sind. Die sogenannte erweiterte Auskunft - sie kostet zehn Euro - erteilt auch Informationen über Familienstand, Geburtsdatum, Geschlecht, frühere Adressen und frühere Familiennamen.

"Wir prüfen, ob die Anfragen plausibel sind", sagt Martina Eckermann zu den Kontrollmechanismen der Stadt. Stelle sich heraus, dass Daten für Werbezwecke eingesetzt werden sollten, dann sei es ohnehin verboten, die Informationen herauszugeben. Gleichzeitig räumte sie jedoch ein, dass natürlich niemand zu erkennen gebe, wenn die Daten für kommerzielle Zwecke verwendet würden.

Eines geht definitv nicht: Die Stadt erteilt keine Auskünfte auf Sammelfragen, also etwa: Wir hätten gerne die Namen aller 18-Jährigen aus Barmen. Die Stadtsprecherin rechtfertigt das Verhalten der Stadt: "Es ist im Gesetz ausdrücklich vorgesehen, dass wir Infos bei berechtigtem Interesse herausgeben."

Martina Eckermann weiß jedoch, dass persönliche Daten aufgrund der aktuellen politischen Diskussion um den Datenschutz brisant sind. "Es gibt Auskunfteien, die sind auf Meldedaten spezialisiert", sagt sie. Der Datenschutzbeauftragte der Stadt ist ihrer Einschätzung nach derjenige, der den Missbrauch verhindern kann.

Die Bürger können sich nur bedingt wehren. Beim Einwohnermeldeamt gibt es ein Formular, mit dem Wuppertaler die Weitergabe ihrer Daten sperren können - das nutzt jedoch nur bedingt. Es liegt im Ermessen der Behörde, welche Informationen sie preisgibt

Missbrauch von Daten droht auch noch aus einer ganz anderen Richtung: Derzeit fährt ein Fahrzeug von Google durch die Wuppertaler Stadtteile, um Fotos von Straßen und Häusern zu machen, die später in den Internet-Dienst Google-Earth gestellt und dann von jedem betrachtet werden können. Ob die Hausbesitzer einverstanden sind oder nicht, spielt keine Rolle. Dieses Vorgehen ist juristisch hoch umstritten.