90 Wuppertaler Jahre Ein Dauerbrenner made in Wuppertal

Wuppertal · Der Staubsauger Kobold von Vorwerk wurde 1929 entwickelt und ist damit so alt wie die Stadt. Eine Erfolgsgeschichte.

So sah 1930 der Ur-Kobold aus. Da er im Schaufenster gegenüber den Konkurenzprodukten etwas mickrig wirkte, setzte das Unternehmen auf Direktvertrieb.

Foto: Vorwerk

Es gibt Staubsauger und es gibt den Kobold. So war das schon vor 90 Jahren, als Vorwerk im Geburtsjahr der Stadt Wuppertal einen Handstaubsauger entwickelte, der sich allein wegen seiner geringen Größe deutlich von den Konkurrenzmodellen unterschied. Hausfrauen wissen leichte und handliche Haushaltsgeräte besonders zu schätzen, denn sie müssen sie - und das gilt auch heute noch - häufiger als die Mitbewohner bedienen. Bei den Entwicklern von Staubsaugern hatte sich dies in den 1930er Jahren noch nicht herumgesprochen. So konkurrierte der Kobold in den Schaufenstern mit wahren Saugmonstern, die zwar mächtig Eindruck machten und mehr für Ballsäle geeignet waren, aber oft nicht hielten, was ihr voluminöser Aufbau versprach.

„Der sieht ja aus wie ein Kobold“ soll die Sekretärin des Chefentwicklers ausgerufen haben, als sie den Staubsauger made in Wuppertal zum ersten Mal erblickte. Einen gewissen Minimalismus kann man den Entwicklern wahrlich nicht absprechen, denn der Kobold verzichtete auf jede Form von Schnickschnack. Rustikal mutet eine Art Besenstil an, der auf den Motor aufgesteckt war. Dieser Staubsaugermotor wurde aus einem Grammophonmotor entwickelt und war wegen seiner unbändigen Saugkraft Garant des Erfolges. Bis heute haben die in Wuppertal-Laaken hergestellten Motoren für ganze Generationen von Elektrogeräten einen legendären Ruf.

Der Name passte zum Produkt, denn der Kobold entwickelte sich zum fleißigen und wegen seiner guten Verstaubarkeit fast unsichtbaren Helfer in vielen Haushalten. Für den schnell steigenden Absatz sorgte die Entwicklung des Direktvertriebs. Weil der Kobold im Schaufenster gar zu mickrig gegen die Saugmonster der damaligen Zeit wirkte, hatte es sich bewährt, Vertreter auf die Reise zu schicken, die den Einsatz des Handstaubsaugers in den Haushalten direkt beim Kunden demonstrierten. Bis 1935 waren verschiedenen Quellen zur Folge bereits 100 000 Exemplare verkauft worden, bis 1937 bereits eine halbe Million in deutschen Haushalten im Einsatz. Es folgten die dunkelsten Jahre der deutschen Geschichte. In der Chronik von Vorwerk zum Kobold heißt es: „Den Kriegsjahren geschuldet, ruht bei Vorwerk bis zur Mitte der 1945er Jahre die Haushaltsgeräte-Produktion. Aber schon ab 1945 werden aus den restlichen Materialbeständen wieder Staubsauger gefertigt. Sogar die ersten Außenbüros für den Vertrieb eröffneten. Ein schier perfektes Zeitmanagement; die Menschen suchen Arbeit und Vorwerk Kobold bietet sie ihnen. Die Erfolgsgeschichte kann also weitergehen.“

Mit Beginn des Wirtschaftswunders nimmt die Produktion des Kobolds noch einmal entscheidend an Fahrt auf. Die Bedeutung des internationalen Marktes und internationaler Messen nimmt zu. Große Ausstellungen sind für eine Demonstration der Geräte ideal. Vorwerk baut Handelsvertretungen und Verkaufsbüros in Amerika und Afrika auf. Optisch und technisch wird der Kobold ständig weiterentwickelt. Seit den frühen sechziger Jahre verhilft ein Saugschlauch der Elektrobürste zur verbesserten Reinigung. Außerdem wird der Staubbeutel aus Stoff durch eine hygienische Filtertüte aus Papier ergänzt, so dass der Bediener nicht mit Staub und Schmutz in Berührung kommt. Heutzutage ist eine schmutzfreie Staubentnahme obligatorisch, was vor allem die Allergiker freut.

„Es saugt und bläst
der Heinzelmann“

Loriot hat dem Kobold ein Fernseh-Denkmal gesetzt, als er in seinem legendären Sketch Evelyn Hamann alias Lieselotte Hoppenstedt zum Staubsaugervertreter Herrn Schubert (mit Gipsarm) sagen lässt: „Es saugt und bläst der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur saugen kann.“ Loriot hat damals genau hingeschaut. Der Kobold alias Heinzelmann punktete in den Nachkriegsjahren tatsächlich nicht nur wegen seiner Handlichkeit, sondern auch wegen seiner Vielseitigkeit. Dank zahlreicher Aufsätze, wie zum Beispiel einer Polsterdüse ließ sich das heimische Sofa damit reinigen. Und wie im Sketch genügten ein paar Handgriffe, um den Kobold mit einer Trockenhaube für die Haare zu kombinieren. Der Einsatz der Haube geht bei Loriot zwar wegen der von Weinvertreter Blümel kredenzten Kostproben in fortgerückter Stimmung ordentlich schief, soll dafür aber im häuslichen Alltag recht gut funktioniert haben. Einen Haartrockner gibt es heutzutage zwar nicht mehr, aber die Elektro-Polsterbürste PB440 reinigt Polster heute gründlicher und schonender denn je.

1989 wird das 50-millionste Vorwerk-Elektrogerät in Wuppertal gefertigt, ein Kobold Staubsauger. Im Beisein des damaligen Ministerpräsidenten Johannes Rau und Oberbürgermeisterin Ursula Kraus läuft der Staubsauger vom Band. Er läuft und läuft und läuft - so warb VW mit dem Käfer. Doch während beim Original-Käfer in Wolfsburg die Bänder stillgelegt wurden, saugt und saugt der Kobold bis heut weiter. Inzwischen gibt es eine Produktfamilie und lediglich Schätzungen, dass mehr als 100 Millionen Geräte gebaut worden sind.

2018 erzielte Vorwerk mit der Produktfamilie Kobold 757 Millionen Euro Umsatz, übertroffen nur vom Thermomix, der mit 1,1 Milliarden Euro weltweit den größten Anteil am Gesamtumsatz hat. Die Palette umfasst Staubsauger, Akkusauger, Saugroboter und Fensterreiniger. In 80 Ländern sind knapp 624 000 Menschen für Vorwerk tätig, darunter 611 000 als selbstständige Berater, denn der Direktvertrieb ist bis heute Schlüssel zum Erfolg. Der zweite Erfolgsgarant sind Motoren made in Wuppertal. In Laaken hat Vorwerk gerade eine dreistellige Millionensumme in die Infrastruktur und speziell in das neue Motorenwerk investiert.