Kirche in Wuppertal Der Mond

Vor ein paar tausend Jahren haben viele Völker die Sonne, den Mond und etliche Gestirne als Götter verehrt. Wer heutzutage in den lichtverschmutzten Straßenschluchten unserer Großstädte lebt, kann sich das vielleicht nicht vorstellen.

Wuppertal

Foto: Fries, Stefan (fri)

Doch wer einmal Nächte in dünn besiedelten Gegenden am Meer oder gar in den Wüsten des Nahen oder Mittleren Ostens erlebt hat, kann sehr wohl nachvollziehen, wie ehrfurchtgebietend das Firmament auf den Menschen wirken kann. Die Israeliten wurden zu strengen Monotheisten erzogen, also wurden auch die Gestirne früh entmythologisiert, siehe 1. Mose 1,14 – 18. Sie wurden zu „Dienstleistern“ herabgestuft. Vor fünfzig Jahren nun nahm der Mensch den Mond unter seine Füße, raubte schon vorher und nachher Gesteinsbrocken und hinterließ eine Schrottspur. Was für ein Abstieg! Deswegen wollen wir nicht vergessen, dass die „Lampen“ am Himmel dazu bestimmt waren, uns zu helfen, ein Zeitgefühl zu entwickeln. Die Sonne half uns, Tage und Nächte und die Jahreszeiten zu bestimmen. Die Sterne gaben uns Orientierung bei weiten Wanderungen und auf dem Meer. Der Mond schließlich half bei der genauen Festlegung unserer religiösen Feste. Wir heute, die wir ständig nach der Uhr leben, bedenken sicher nicht, dass dies alles eine sehr langsame Entwicklung war. Während des Exils in Ägypten richteten sich die Israeliten noch nach der Sonnenbeobachtung.

Während des Exils in Babylon übernahmen die Israeliten dann den dort üblichen Mondkalender. Die Monatsnamen, teils aus dem Alt-Persischen, haben wir etwas abgewandelt heute noch in unserem liturgischen Kalender. Das Mondjahr ist kürzer als das Sonnenjahr. Das hat zur Folge, dass die Feiertage sich in jedem Jahr etwas verschieben. Da dies nicht sein sollte, suchte man einen Ausgleich und schuf mit sehr komplizierten Berechnungen das so genannte „Lunisolarjahr“. Das heißt, dass in einem Zyklus von 19 Jahren neben kleineren Korrekturen 7 Mal ein 13. Monat eingeschoben wird. Um den exakten Monatsbeginn zu ermitteln, wurden Beobachter auf den Bergen um Jerusalem postiert, die das Erscheinen des kleinsten Streifens der Mondsichel auf schnellstem Wege dem Synhedrion, dem Obersten Gericht, melden mussten. War man sich sicher, dass der Mond erschienen war, wurden Feuer auf den Bergen entzündet und Boten ausgesandt zur Information möglichst aller Israeliten. Dieser Neumondtag/“Rosch Chodesch“ wurde als Feiertag mit dem Schofarblasen und einem Zusatzopfer begangen. Da man sich nicht immer sicher war, ob die entfernter lebenden Israeliten rechtzeitig informiert werden konnten, gab und gibt es noch in manchen Monaten zwei Neumondtage und für die außerhalb lebenden Juden einen zusätzlichen Tag zu allen Feiertagen. Auch die Christen haben diesen Zusatztag zu Ostern, Pfingsten und Weihnachten beibehalten. Unter der Herrschaft der Römer wurden die Feuer auf den Bergen verboten, der Tempel war ohnehin zerstört. Da beschloss Hillel II etwa um 344 n.d.Zt., das Herrschaftswissen der Priester aufzugeben und schuf den konstanten jüdischen Kalender. Gleichzeitig wurde der Neumondtag zu einem Halbfeiertag. Für die jüdischen Frauen aber blieb er ein besonders wichtiger Feiertag. Nach der Überlieferung (Pirkei Elieser) bekamen sie diesen Feiertag von Gott für ihre besonderen Verdienste, z.B. hatten die Frauen die Knaben gerettet, so auch Moses, die eigentlich auf Befehl des Pharao gleich nach der Geburt getötet werden sollten. Auch weigerten sie sich, ihren Schmuck für die Herstellung des „goldenen Kalbes“ herzugeben, waren aber sofort bereit, ihn für den Bau des Mischkan, des ersten Wüstentempels, zu spenden. Die orientalischen Jüdinnen haben diesen Feiertag immer begangen. In der westlichen Welt wurde er vor einigen Jahrzehnten wiederentdeckt. Frauen gründeten „Rosch-Chodesch-Gruppen“, sie treffen sich festlich gekleidet, um Tora und Talmud zu lernen, zu diskutieren, Wohltätigkeitsveranstaltungen zu planen, gemeinsam festlich zu essen und vieles mehr.

Manche Völker haben die Sonne zu ihrem Symbol. Wir Juden betrachten dagegen den Mond als ein Symbol für uns. Immer wieder in unserer langen Geschichte war unser Volk nahezu verschwunden, wie auch der Mond seine Phasen hat, an denen er unsichtbar ist, um dann langsam aber strahlend wieder aufzugehen. So ist auch aus uns, dem kleinen Rest der Entronnenen, immer wieder ein kleines, aber starkes Volk entstanden. Uns wurde verheißen, dass wir, wenn wir alle mit ganzem Herzen in den Wegen des Ewigen gehen werden, zahlreich werden wie die Sterne des Himmels. So viel geistige Stärke haben wir bislang natürlich noch nicht aufbringen können, aber vielleicht sind wir ein wenig „Salz der Erde“, in der Hoffnung, den Geschmack des Lebens in dieser Welt ein wenig zu verbessern.