Unterwegs im Quartier Der Weg von schick nach cool nach bunt
Briller Viertel, Ölberg, Nordstadt und Ostersbaum: Viel Elberfeld auf wenigen Kilometern.
Elberfeld. Natürlich ist die Nordbahntrasse schön. Wer noch nie auf ihr von Ottenbruch nach Mirke spaziert ist, dem fehlt ein wichtiges neues Stück Wuppertal.
Doch man möchte die vielen Trassenbesucher gelegentlich ermutigen, sich auch mal wieder in die angrenzenden Elberfelder Viertel zu bewegen. Denn die sind immer überraschend, eignen sich großartig für kulturelle und lukullische Erlebnisse, sind anregend und dabei angenehm unaufdringlich. Ein Elberfeld-Spaziergang von West nach Ost führt vom schicken Briller Viertel auf den angesagten Ölberg, in die coole Elberfelder Nordstadt und schließlich hinauf zum bunten Ostersbaum. Ein Ausflug zu Reichtümern und Armutszeugnissen, ein Kaleidoskop der Kehrseiten.
Wer im Briller Viertel in die Fenster der prachtvollen Villen schaut, braucht nicht viel Fantasie für die Vorstellung, wie es sich dort einst mit Muße in den Tag hineinlebte. Zurückgenommen und gediegen präsentieren sich großzügige Anwesen nach wie vor — auch wenn die laute Katernberger Straße und etliche diskussionswürdige Neubauten zwischen alter Häuserpracht manch einen in seiner Ruhe stören mögen. Herrschaftlich und nicht in jedem Fall einladend wirkt das Briller Viertel und ist gerade deswegen so märchenhaft. Über Nüller und Bayreuther Straße führt der Weg dichter heran an das pulsierende Elberfeld und seine Hauptverkehrsader, die Briller Straße. Sie trifft ins Herz Wuppertals und ist zugleich gefühlte Grenze zwischen teurer Villenlandschaft und angesagtem Ölberg. Schreiner-, Bildhauer- oder Malerstraße sind passende Namen im Künstlerviertel, von jeher auch ein begehrtes Wohnquartier. Wer hier eine schöne Altbauwohnung sein eigen nennt, war als Kapitalanleger gut beraten. Hedwig-, Charlotten- und Dorotheenstraße kennt jeder, der bei der Parkplatzsuche schon entnervt sinnlose Kreise im ausgeklügelten Einbahnstraßensystem gezogen hat. Hin wollen trotzdem viele — hoffentlich bleibt es schön am Ölberg, und Begriffe wie Gentrifizierung spuken am zufriedenen sich selbst genügenden Bergvölkchen vorbei.
Entlang der Marienstraße geht es zur Hochstraße und damit zu einer weiteren Quartiersgrenze: Sie teilt den Ölberg von der coolen Nordstadt. Jüngere Kunst, weniger Geld, aber noch mehr Dinge in Bewegung: Es ist immer etwas los entlang der Wiesenstraße, die herrlich schnörkellos das Viertel aufteilt und einfach so gar nichts von Wiese hat. Links und rechts finden sich spannende Adressen wie das alte Goldzack-Fabrikgebäude, der Bahnhof Mirke, Kneipen, Restaurants, das Café Ada als Ziel für Tango- und Salsafans. Talgeflimmert wird allsommerlich gleich nebenan — großes Kino im Hof der Alten Feuerwache an der Gathe.
Die hat kaum den besten Ruf, doch nicht geheuer ist sie wohl hauptsächlich Wuppertalern aus anderen Bezirken. Weibliche Stadtteilbewohner gingen schon zu jeder Tages- und Nachzeit unbehelligt ihrer Wege und beispielsweise die allseits gelobte Holsteiner Treppe hinauf zum Ostersbaum. Bunt sind dort nicht nur die Stufen: Das Quartier steckt voller Potenzial und auch hier mag man Furcht haben — vor Hundehaufen auf dem Gehsteig. Aber bestimmt nicht vor den vielen Nachbarn aus aller Herren Länder.
Der Aufstieg zum Ostersbaum lohnt sich auch für die schönsten Panoramablicke von unverbaubaren Westbalkonen. Und für ein entspannendes Sonnenbad am wunderschönen Platz der Republik — hier soll es übrigens die beste Eiscreme im Viertel geben.