Die Idee des Schwarz/Weiß-Fernsehers begann bereits 1884 mit der Erfindung einer spiralförmig gelochten Scheibe. Was hatte es damit auf sich?
Campus Wuppertal Der Wuppertaler Ingenieur Dieter Brückmann über die Erfindung des Schwarz-Weiß-Fernsehers
Wuppertal · Die Übertragung von bewegten Bildern läutete eine neue Ära ein.
Vor 100 Jahren wurde der Schwarz/Weiß-Fernseher erfunden. Grund genug, einmal auf die neu entstandene Epoche des Mediums zurückzublicken. Nachrichtentechniker Dieter Brückmann von der Bergischen Universität Wuppertal kennt sich mit der Technik hinter dem Fernseher aus.
Brückmann: Nachdem im 19. Jahrhundert mithilfe des Telefons die Übertragung von Sprache und Musik möglich wurde, gab es bereits erste Überlegungen, auch Bilder mit Hilfe elektrischer Signale zu übertragen. Es wurde sehr schnell deutlich, dass für eine technische Umsetzung das entsprechende Bild zunächst in kleinere und einfachere Bildteile zerlegt werden muss, sodass eine Umsetzung in elektrische Signale möglich wird. Die entsprechenden elektrischen Signale können dann zum Empfänger übertragen und dort wieder zu einem Bild zusammengesetzt werden. Bereits 1884 wurde das erste Patent erteilt, das in Zusammenhang mit der Entwicklung des Fernsehens steht. Dieses erhielt Paul Nipkow für die Idee der Zerlegung von Bildern in Lichtpunkte mithilfe einer rotierenden Scheibe, die mit spiralförmig angeordneten Löchern versehen ist. Dadurch können Bilder in Hell-Dunkel-Signale umgesetzt werden, die mit Hilfe einer Fotozelle entsprechende, sich ändernde elektrische Signale erzeugen. Die Löcher der Nipkow-Scheibe sind spiralförmig so angeordnet, dass sich jeweils nur ein Loch vor dem zu übertragenden Bild befindet. Durch die Drehbewegung bewegt sich das Loch in einem festen Zeitintervall über genau eine Zeile des Bildes. Dadurch wird durch jedes Loch genau eine Zeile des Bildes abgetastet. Nach einer vollen Umdrehung der Scheibe wurde das komplette Bild abgetastet und der Vorgang beginnt erneut.
1935 hatte in Berlin der erste Fernsehsender seinen Betrieb aufgenommen. Jeden Abend gab es anderthalb Stunden Programm. Von einem Massenmedium kann man da noch nicht sprechen, oder?
Brückmann: Deutschland hatte schon von 1935 bis 1944 als erstes Land ein regelmäßiges Fernsehprogramm veranstaltet. 1936 erfolgten Übertragungen von den Olympischen Spielen in Berlin. In Großbritannien begann Fernsehen ab 1936, in den USA ab 1937/38. Auch wenn in Deutschland damit der „erste regelmäßige Fernsehprogrammdienst der Welt“ in Betrieb ging, so war man von einem Massenmedium noch weit entfernt. Um das Interesse und die Verbreitung zu fördern, eröffnete die Deutsche Reichspost (DRP) am 9. April 1935 die erste öffentliche Fernsehempfangsstelle für den Gemeinschaftsempfang. Nur kurze Zeit später wurden weitere Fernsehstuben und Großbildstellen eingerichtet. Die Geräte waren technisch noch nicht ausgereift und zu teuer. Das Interesse bei den Zuschauern war daher eher verhalten, das Kino hatte bereits eine weitaus bessere Bildqualität zu bieten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg begann der Siegeszug des Fernsehens im deutschen Wohnzimmer und 1967 wurde das Farbfernsehen eingeführt. Wie bekam man die Farben auf den Bildschirm?
Brückmann: Der offizielle Start des Farbfernsehens in der Bundesrepublik Deutschland erfolgte auf der Funkausstellung 1967 mit der Betätigung des roten Tasters durch den damaligen Außenminister Willi Brandt. Der Taster war aber nur eine Attrappe, die eigentliche Umschaltung erfolgte durch einen Techniker im Hintergrund, der allerdings etwas zu schnell war, sodass die Farben schon vor dem Knopfdruck auf den Bildschirm erschienen. Im Nachhinein erklärte man dieses Missgeschick damit, dass es sich um einen besonders schnellen Schalter handelte. Da nur wenige Zuschauer zu diesem Zeitpunkt einen Farbfernseher besaßen, erregte dieser Vorfall nur wenig Aufsehen. Heute wäre dies bestimmt anders. Das Prinzip des Farbfernsehens beruht darauf, mithilfe der Kamera und geeigneten Farbfiltern das Farbbild zunächst in seine Primärfarben Rot, Grün und Blau zu zerlegen. Für jeden einzelnen Bildpunkt werden die Informationen über die Intensität der entsprechenden drei Farbanteile sowie eine zusätzliche Helligkeitsinformation in elektrische Signale umgesetzt und auf elektronischem Wege zum Empfänger übertragen. Durch additive Farbmischung erscheint für den Betrachter ein Bildpunkt wieder in der ursprünglichen Farbe. Da sich ein typischer Bildschirm aus mindestens einer Million Bildpunkten zusammensetzt, entsteht für den Betrachter ein scheinbar klares und farbiges Bild.
Wo kommt denn heute noch die Schwarz/Weiß-Technik zum Einsatz?
Brückmann: Schwarzweiß-Fernseher wurden bis in die 2000er-Jahre hergestellt, da diese von den Zuschauern noch als preiswerte Alternative oder auch als portables, einfaches Zweitgerät geschätzt wurden. Bild- oder Videoübertragungen in Schwarz/Weiß werden heute vor allem noch als kostengünstige Lösung zur Videoüberwachung verwendet. Als künstlerisches Stilmittel spielt die Schwarz/Weiß-Technik aber durchaus noch eine Rolle. Es werden von einigen Regisseuren, wie Edgar Reitz, bewusst Filme in dieser Technik gedreht. Er sieht in dem Verzicht auf Farben eine Reduktion auf das Wesentliche.