Die Grauen: Neuer Betrugsprozess gegen Ex-Mitglied (69)
Finanzen der 2008 aufgelösten Seniorenpartei Thema am Landgericht: Angeklagter schweigt zu den Vorwürfen.
Wuppertal. Zeitreise vor dem Landgericht: Dort muss sich seit dem gestrigen Montag ein 69 Jahre alter Wuppertaler wegen Betrugs in 38 Fällen verantworten. Die Vorwürfe liegen Jahre zurück und lieferten seinerzeit bundesweit Schlagzeilen. Denn es ging um die einst in Wuppertal von Trude Unruh gegründete Seniorenpartei die „Grauen“.
Deren Ende kam im Jahr 2008. Zuvor war bekannt geworden, dass die Bundestagsverwaltung mehrere Millionen Euro von der Partei zurückgefordert habe, weil führende Parteimitglieder unter anderem die staatliche Parteienfinanzierung ausgenutzt haben sollen: Im großen Stil seien Parteispender erfunden worden. Die sechsstelligen parteiinternen Provisionen habe der 69-Jährige kassiert (Kasten rechts). Fakt ist: Angesichts der Forderungen aus Berlin war die Seniorenpartei quasi über Nacht zahlungsunfähig und gab auf.
Es folgte ein monatelanger Betrugsprozess vor dem Wuppertaler Landgericht. Hauptangeklagter war damals wie heute ein früheres Parteimitglied der Grauen — der heute 69-Jährige. Im Juli 2011 das Urteil gegen den Mann: vier Jahre und drei Monate Haft. Doch von den seinerzeit 42 ausgeurteilten Fällen sind nur vier rechtskräftig geworden. Die übrigen 38 Fälle müssen seit Montag vom Landgericht neu aufgerollt werden.
Zum Prozessauftakt machte der 69-Jährige klar, dass er von seinem Schweigerecht Gebrauch machen werde.
Der Angeklagte ist offenbar schwer krank. Sein Verteidiger Harald Benninghoven sagte am Montag zur WZ: „Die lange Verfahrensdauer ist an meinem Mandanten nicht spurlos vorbeigegangen.“ Der 69-Jährige ist unter anderem Herz- und Dialysepatient. Somit ist ein Ende der Neuauflage derzeit nicht abzusehen. Zur Erinnerung: Im ersten Verfahren standen 80 Personen auf dem Zeugenplan. Darunter war damals auch die Parteigründerin Trude Unruh.
Der gestrige Termin war schnell beendet. Ob und welche Zeugen gehört werden sollen, wurde dabei noch gar nicht thematisiert. Und: Laut Urteil aus dem Jahr 2011 hat es keine Regulierung der immensen finanziellen Schäden gegeben.