Die Mauer muss weg, die Mauer muss bleiben

Über die Qualität des Bauwerks am neuen Döppersberg streiten sich nun auch die Gelehrten.

Foto: Stefan Fries

Die Bürger scheinen sich weitgehend einig: Die Mauer muss weg, freie Sicht auf den Bahnhof, fordert die weit überwiegende Mehrheit der Briefschreiber an die WZ. Die Flut der Einsendungen will anscheinend nicht nachlassen. Das neue Zentrum Wuppertals ist den Wuppertalen offensichtlich eine Herzensangelegenheit.

Das gilt so auch für Johannes Busmann. Der Professor für Mediendesign an der Wuppertaler Universität war jahrelang Moderator und Werber für die Neugestaltung des Areals zwischen Köbo-Haus, Hotel Kaiserhof und Hauptbahnhof. Er hat die Entwicklung des Projektes seit dem Beschluss des Stadtrates im Jahr 2007 intensiv verfolgt. Grundsätzlich ist und bleibt er glühender Befürworter des Umbaus, der Wuppertal große Chancen für die Zukunft einräume. Aber an der Mauer hat auch Busmann seine Zweifel. „Sie ist städtebaulich, gestalterisch unbegründet und unpassend“, sagt er. Und: „Die Mauer will mehr sein als die Architektur drumherum.“

Andere Kritiker gehen deutlich weiter. Ein Experte berichtet gar, dass seiner Frau die Tränen gekommen seien beim Anblick dessen, was die Neugestaltung des Döppersberges einst verheißen habe und was daraus geworden ist.

Um das zu verstehen, ist ein Blick in die Historie hilfreich. Die ursprünglichen Planungen für das Areal sehen ein Gebäude nahe dem Hotel Kaiserhof vor. Dadurch wäre vor dem Neubau, dem Bahnhof und der Bundesbahndirektion ein großzügiger Platz entstanden, der als Ort für Begegnungen genutzt werden sollte. Die Geschäftsbrücke war nur einseitig bebaut, nicht wie heute auf beiden Seiten. Und die Mauer gab es in den ersten Plänen auch.

Diese Pläne stammten vom Kölner Architekturbüro JSWD. Dessen Geschäftsführer, Olaf Drehsen, verteidigte gestern gegenüber der WZ denn auch das sandsteinfarbene Mauerwerk vor dem Hauptbahnhof. „Sie dient als Brüstung“, erklärte Drehsen. Die Mauer sei notwendig, weil die Fläche im Zuge des Umbaus terrassiert worden sei.

Tatsächlich hat die Fläche zwischen Bahnhof und Köbo-Haus zwei Ebenen. Die obere führt zum ehemaligen Portal des mehr als 160 Jahre alten Gebäudes und wird von der Sandsteinmauer begrenzt. Die untere verbindet die Alte Freiheit vorbei am Primark-Gebäude mit der neu entstandenen Bahnhofshalle.

„Wenn es um die Blickbeziehungen auf den Bahnhof geht, dann ist die ganze Diskussion vollkommen unnötig“, erklärt Drehsen. Es gebe von der Innenstadt keinen rechten Winkel auf das Bauwerk. Und es sei außerdem immer schon nur aus der Entfernung in seiner ganzen Pracht zu sehen gewesen. „Der Bahnhof ist unten. Früher haben Sie ihn durch einen Tunnel erreicht, heute durch die Einkaufspassage.“

Für Drehsen ist nicht die Mauer das Problem des Döppersbergs, es sind die Änderungen des ursprünglichen Planes. „Wuppertal hat hier eine große Chance bekommen“, sagt der JSWD-Geschäftsführer. „Aber es war nicht richtig, die Geschäftsbrücke beidseitig, und es ist falsch, den Wupperpark zu bebauen.“

Die Entwicklung des Projekts haben Drehsen und seine Kollegen von Köln aus intensiv verfolgt, aus Interesse, aber nicht nur aus Interesse. „Wir bekommen noch 1,5 Millionen Euro von der Stadt“, sagt er. Die Stadt sieht das anders. Bis ein Richter in dieser Sache das letzte Wort gesprochen hat, trimmt vielleicht schon die von Fachleuten versprochene Patina das gelbe Mauerwerk auf alt.