„Die Spuren der Geschichte in Wuppertal sind großes Potenzial“
Lars Bluma spricht über seine Pläne als künftiger Leiter des Historischen Zentrums.
Ab dem 1. Mai wird der Historiker Lars Bluma die Leitung des Historischen Zentrums übernehmen. Damit steigt er direkt in die Vorbereitungen zum Engelsjahr 2020 ein. Die WZ hat ihn zu seinen Plänen befragt.
Bisher haben Sie sich mit dem Bergbau beschäftigt. Wie ist Ihr Blick auf die Geschichte des Bergischen Lands?
Bluma: Das Bergische Land steht bisher noch sehr im Schatten des Ruhrgebiets. Das wird deutlich, wenn man sich allein ansieht, was in diesem Jahr anlässlich der Schließung der letzten Zeche im Ruhrgebiet geplant ist. Das sollte uns Vorbild für das Jahr 2020 sein.
Warum passiert im Ruhrgebiet so viel mehr?
Bluma: Das sind ganz andere Strukturen, zudem steht über die RAG-Stiftung auch sehr viel Geld zur Verfügung. Im Bergischen Land ist das anders, da läuft viel über bürgerschaftliches Engagement. Aber was ich bei der Auftaktveranstaltung zum Engelsjahr gesehen habe, hat mich sehr positiv überrascht: Es waren rund 150 Leute da. Wenn hinter jedem noch fünf weitere stehen — weil es sich zum Beispiel um einen Verein handelt — dann hätte man schon eine Gruppe, die etwas bewegen kann.
Wie weit haben Sie sich schon auf Ihre neue Aufgabe vorbereitet?
Bluma: Ich bin in engem Kontakt mit der Stadtverwaltung, kenne alle Pläne für das Historische Zentrum, den Bau des Ankerpunktes China. Mit der Aufarbeitung der Dauerausstellung und der Vorbereitung des Engelsjahres gibt es genug zu tun. Ich werde — soweit es meine jetzige Arbeit erlaubt — auch schon Einfluss auf die Prozesse nehmen. Die anderen Akteure sind bereit, dafür auch abends Zeit zur Verfügung zu stellen.
Wird das Engelsjahr auch Menschen von außerhalb der Stadt anziehen?
Bluma: Die Person Engels hat mindestens nationalen, wenn nicht internationalen Rang. Deswegen müssen wir entsprechend überregional Öffentlichkeitsarbeit und Marketing betreiben. Man muss den Menschen klar machen, was Frühindustrialisierung bedeutet, dass die Städte an der Wupper Boomtowns waren und als deutsches Manchester gelten. Für die Frühindustrialisierung stehen nur drei Orte in Deutschland: Chemnitz, Mönchengladbach und eben Wuppertal, das ist so noch nicht bewusst. Auch das Museum für Frühindustrialisierung ist außerhalb des Bergischen Landes kaum bekannt. Als ich von meiner neuen Stelle erzählt habe, habe ich viele Fragezeichen in den Gesichtern gesehen. Das müssen wir vorantreiben, dafür ist das Jahr 2020 eine unheimliche Chance.
Gibt es einen Bereich, der Sie besonders interessiert?
Bluma: Das Thema Arbeit, mit dem ich mich schon seit zehn Jahren beschäftige. Was bedeutete es etwa, in der Textilindustrie zu arbeiten? Daran hängen ja weitere Themen wie die Verarmung, aber auch, welche Sozialen Sicherungssysteme entwickelt wurden. Gerade über die Arbeit kann man auch aktuellen Bezug herstellen, zum Beispiel bei Themen wie Umwelt und Energie, die heute wieder diskutiert werden. Das ist der Auftrag, den ich für mich angenommen habe: zu zeigen, das ist nicht Staub von gestern, sondern das wird jede Generation neu beschäftigen.
Wie geht es 2021 weiter?
Bluma: Es wäre fatal, wenn wir nach 2020 in einen Dornröschenschlaf fallen würden. Wir müssen über ein neues Konzept nachdenken, etwa, was für Sonderveranstaltungen oder welches pädagogische Konzept wir wollen. Das werde ich gemeinsam mit den Mitarbeitern peu à peu entwickeln.
Wie gut haben Sie Wuppertal schon kennengelernt?
Bluma: Die Stadt kenne ich schon, weil ich Freunde hier habe. Aber ich entdecke immer wieder Neues. Wuppertal ist für mich eine interessante Stadt, weil sie so viele Überraschungen bietet, viele Spuren der Geschichte zu finden sind. Da ist auch noch ein großes Potenzial — die Stadt darauf abzuklopfen, wie sie selbst als Museum zu nutzen ist. Ich freue ich auf die Wuppertaler, die sehr offen auf mich zugekommen sind. Da war ein großes Interesse, wer als neuer Leiter des Historischen Zentrums kommt. Das ist nicht selbstverständlich.