Film Wishlist-Macher: „Wir wollen in der A-Liga mitspielen“

Die Wuppertaler Produzenten entwickeln derzeit drei neue Serien. Die Komödie „Defluencer“ soll eine Welt zeigen, aus der das Internet verschwindet.

Kaffee in der Hand, Ideen im Kopf: Marc Schießer, Tobias Lohf und Marcel Becker-Neu (v.l.) diskutieren neue Serien-Konzepte.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Wie es sich für Autoren einer Mystery-Serie gehört, haben Marc Schießer, Marcel Becker-Neu und Tobias Lohf in diesen Tagen viele Geheimnisse. Die Produzenten der preisgekrönten Wuppertaler Youtube-Serie „Wishlist“ arbeiten derzeit an gleich drei neuen Serien. Und um keines der Projekte zu gefährden, dürfen die Filmemacher derzeit nicht so frei plaudern, wie sie es gerne möchten. Da wird dann auch während des WZ-Gesprächs in den Räumen der Produktionsfirma „Outside the Club“ noch mal eben schnell ein Plakat mit Notizen weggedreht, auf dem möglicherweise schon die Handlung für eine Serie skizziert ist, die noch nicht das Licht der Welt erblickt hat.

Mit ihrem bislang größten Projekt stehen Schießer, Becker-Neu und Lohf bereits kurz vor dem Durchbruch. „Wir sind gerade dabei, Drehbücher fertig zu machen und haben das Ziel, die Serie in 2019 zu produzieren“, verrät Autor und Regisseur Marc Schießer. In dieser Serie, die wahrscheinlich über einen Streamingdienst zu sehen sein wird, wird es wieder mysteriös – soviel steht fest. Für die Serienmacher soll es der Sprung vom Youtube-Format in die Liga der 50- bis 60-minütigen Drama-Serien werden. Wie Becker-Neu betont, wird sich das Projekt formal von Wishlist abgrenzen. „Die Produktion wäre viel zu teuer für Youtube“, stellt er fest.

Die Messlatte liegt höher. Die Macher schielen auf aktuelle Serien des Streaming-Anbieters Netflix wie „Dark“ oder „Dogs of Berlin“. Becker-Neu sagt: „Wir wollen in der A-Liga mitspielen.“ Ein „großer Produktionspartner“ ist dabei behilflich. Für die Realisierung des düsteren Stoffes ist das ein gutes Signal, denn wo bereits ein Geldgeber eingestiegen ist, erhöhen sich die Chancen, dass im kommenden Jahr wirklich die Dreharbeiten beginnen.

Für die Zuschauer heißt das jedoch: Früher als 2020 gibt es keinen neuen Serienstoff aus Wuppertal. Fest steht auch schon, dass die Mystery-Serie nicht in Wuppertal spielen wird, wobei das nicht bedeutet, dass es keine Dreharbeiten vor Ort gibt. Nur die Schwebebahn, die dank der inzwischen internationalen Lizensierung von Wishlist bereits in Finnland und Frankreich für faszinierte Zuschauer gesorgt hat, wird dann wohl nicht mehr durchs Bild fahren.

Neue Zeitreise-Comedy soll
wieder in Wuppertal spielen

Vielleicht aber in der „durchgeknallten Zeitreise-Comedy-Serie“, die die Sechs-Mann-Produktionsfirma auch noch in der Hinterhand hat. Die soll nämlich wieder im Tal spielen. Doch die Konzeptionierung dafür steht noch am Anfang. Klar ist: Radio Bremen sitzt wieder mit im Boot, denn die Start-Finanzierung für das Projekt stammt aus einem öffentlich-rechtlichen Topf. Für Wishlist wurden die Wuppertaler nämlich mit der ARD-Programmprämie ausgezeichnet, mit deren Hilfe nun die nächste Wuppertal-Serie ins Rollen kommen soll.

Gleichzeitig jonglieren die kreativen Köpfe mit einem dritten Stoff - dem einzigen, bei dem sie bereits über Titel und Inhalt sprechen dürfen: die fantastische Comedy-Serie „Defluencer“. Für die Entwicklung gab es bereits 35 000 Euro von der Film- und Medienstiftung NRW. Die achtteilige Serie dreht sich um Mike, den größten Internet-Star Deutschlands. Durch ein übernatürliches Ereignis wird er zum menschlichen Internet-Störsender, dessen Radius sich unaufhaltsam ausbreitet. „Das ist eine schwarzhumorige Geschichte über Internetabhängigkeit“, sagt Co-Autor Schießer. So zeigen die Serienmacher, die es nach Wishlist ganz erfrischend fanden, endlich keine Smartphones mehr filmen zu müssen, eine Welt ohne Internet.

„Zeitgeistig“ nennt Marc Schießer auch diesen Stoff, der sich wie alle Ideen der Wuppertaler irgendwie mit den Tücken der Digitalisierung auseinandersetzt. Warum eigentlich? Schießer grübelt etwas: „Das ist für uns unausweichlich. Alles ist von diesem Thema so durchdrungen, dass man da gar nicht rauskommt.“

Um so viele frische Ideen zu Papier zu bringen, mussten die Autoren allerdings genau das einmal tun: rauskommen. Jüngst fuhren sie zusammen an die Ostsee, schalteten ihre Smartphones aus und ließen den kreativen Prozessen freien Lauf. Das scheint gut funktioniert zu haben. Schießer berichtet: „Wir sind für die nächsten Jahre mit Geschichten versorgt.“