Digital ist alles viel besser

Für WZ-Kolumnist Uwe Becker ist Facebook eine zweite Heimat.

Foto: Joachim Schmitz

Seit 2009 habe ich ein Profil auf Facebook. Täglich verbringe ich hier jede freie Minute. Ich poste meine Gedanken zur Weltlage, süße Katzenfotos, Kino- und Fernseh-Tipps, und informiere meine vielen FB-Freunde über mein Mittag- und Abendessen.

Es ist ein schönes Gefühl, wenn man seinen Teller mit Bratwurst, Kartoffelpüree und Rotkohl fotografiert und dann ins Netz stellt. Viele Freunde wünschen mir dann „Guten Appetit“ oder schreiben „Lass es dir schmecken“. Manchmal werden die Bilder vom auch kritisch kommentiert: „Das sieht ja ekelig aus“, ist da noch eine der harmloseren Bemerkungen. Aber Lebensmittel zu fotografieren ist auch nicht so einfach, und daher überlege ich, ob ich einen Profi verpflichte, der meine Mahlzeiten fotografiert, damit alles appetitlicher aussieht.

Begrabt mein

Herz in Wuppertal

Facebook ist also neben Wuppertal zu meiner zweiten Heimat geworden. Sozusagen eine Heimat in der Heimat. Ich erfreue mich auch an Artikeln, die andere teilen. Ich mag ganz besonders die virtuell eingerahmten Lebensweisheiten: „Man muss aufwärts blicken, um die Sterne sehen zu können“ oder „Am Ende eines jeden Tages ist nur wichtig, dass ein schöner Moment dabei war, der Dich lächeln ließ“.

Ich like täglich bis zu 200 Postings meiner Freunde, mal mit einem Lach-Smiley, dem Facebook-Daumen oder mit Herzchen. Eine Statusmeldung einer Freundin fand ich besonders ulkig. Um 8 Uhr 30 teilte sie uns mit: „Was für ein beschissener Start in den Tag!“. Wenige Minuten später schrieb sie dann: „Marlene Müller ist in einer Beziehung“.

Ich kenne meine besten Freunde nur online. Meine wenigen offline-Freunde treffe ich in der Regel nur bei Geburtstagen oder zufällig auf der Straße. Diese Begegnungen sind dann auch oft nicht so spannend: „Wie geht’s?“ - „Danke, gut und selber?“ - „Muss, was will man machen!“.

Kürzlich traf ich das erste Mal einen Menschen aus meiner Freundesliste, den ich vorher nur online kannte. Es war eine herbe Enttäuschung. Als Profilbild hatte dieser Facebook-Freund immer eine Eule oder eine Ente, und ich hatte die Vermutung, es handele sich um eine Frau Mitte 30, die sich sehr für Tiere und Umweltschutz interessiert.

Tatsächlich war es ein ungepflegter Mann im Rentenalter, mit dem ich rein gar nichts anfangen konnte. Das sind natürlich die Nachteile des Internets, aber ein paar Enttäuschungen muss man im Leben auch mal wegstecken können. Zwei Tage später haben wir dann wieder über die Privatnachrichten-Funktion auf Facebook gechattet, und da gefiel er mir wieder. Bei der Betrachtung seines Enten-Profil-Bildes konnte ich die unschöne reale Begegnung schnell vergessen.

Natürlich kann man auch ohne Facebook leben und glücklich sein, aber mir würde dann doch etwas fehlen. Da ich seit einigen Jahren in einem heiratsfähigen Alter bin, denke ich in der letzen Zeit oft darüber nach, ob ich in den Stand der Ehe treten sollte. Da der Deutsche Bundestag die „Ehe für Alle“ beschlossen hat, wird wohl auch eine Online-Ehe erlaubt sein, und im Zuge dessen meine Überlegungen hierzu konkreter.

Zu meiner Hochzeit würde ich eine Veranstaltungsseite erstellen und alle meine 2000 FB-Freunde einladen. Das wird eine wunderbare Feier, wenn jeder alleine bei sich zuhause am Rechner sitzt und wir online gemeinsam ein Stück Käsesahnetorte essen und Champagner trinken. Die Hochzeitsnacht verbringe ich dann zwar auch alleine, aber man kann ja nicht alles haben.