Ein Buch mit Märchen für Erwachsene

Miriam Schäfer hat ihre Geschichten in einem Band zusammengefasst.

Foto: Stefan Fries

Die geheimnisvollen Töne liebt Miriam Schäfer am meisten. Ihre Kurzgeschichten geben dem Fantastischen viel Raum. Was die Erzählerin bisher einzeln veröffentlicht hat, versammelt jetzt der Band „Das Fehlen des Flüsterns im Wind“. Einige Texte siedeln Konflikte zwischen Helden und übernatürlichen Mächten in mythischer Vorzeit an. Andere werfen den Blick in eine düstere Zukunft, in der die Menschen ums nackte Überleben kämpfen. Schäfer bleibt ganz in der Nähe, wenn sie über ein Abenteuer „irgendwo in den Wäldern zwischen Ronsdorf und Remscheid“ scheibt. Auch die Geschichte, mit der die Ronsdorferin den Deutschen Phantastik Preis gewann, fehlt nicht. In „Claire“ geht es um eine Frau, die sich immer tiefer in Traumgespinste verstrickt.

„Märchen für Erwachsene“ nennt die Autorin ihre Literatur. „Ein Schriftstellerkollege ist darauf gekommen. Das hat mir gut gefallen, und ich habe es übernommen.“ Im Schreiben hat sie sich früh geübt. Schon auf der Grundschule füllte sie Hefte mit kleinen Szenen. Später wurden aus den Einfällen abgeschlossene Geschichten.

Groß war auch die Leselust des Kindes. „Meine Eltern haben mir von klein auf vorgelesen“, sagt Schäfer. Als sie zuhause keine spannenden Bücher mehr fand, ging sie in die Bücherei. Mit elf Jahren wechselte sie in die Erwachsenenabteilung und verschlang Tolkiens „Hobbit“ und „Herr der Ringe“. „Hier in der Stadtteilbibliothek bin ich groß geworden“, resümiert sie. Kein Wunder, dass sie sich am Ende des Sammelbandes bei allen Bibliothekaren bedankt, „die uns die Tore in andere Welten geöffnet halten und sie beschützen“.

Bevor Schäfer am Schreibtisch in andere Welten eintaucht, dreht sie eine Runde durchs Grüne. Da sie mit ihrer Familie am Waldesrand wohnt, hat sie es nicht weit. Gern lässt sie sich von ihren Spaziergängen inspirieren und ein Notizbuch ist immer dabei. „Einmal habe ich eine Wurzel entdeckt, die mich an einen schlafenden Löwen erinnert hat.“

Lange hat Schäfer nur für sich geschrieben. Eine engagierte Lektorin überzeugte sie, 2012 die erste Kurzgeschichte herauszubringen. Danach folgten die ersten öffentlichen Auftritte. Sie ist froh, sich getraut zu haben. „Bei Lesungen kriege ich das meiste Feedback. Es ist schön, die Eindrücke meiner Leser direkt mitzubekommen.“ Als Mitglied einer Wuppertaler Schriftstellergruppe tritt sie regelmäßig im Café Ada auf. Im September liest sie bei der Reihe „Literatur auf dem Cronenberg“, im Oktober bei der Lit.Ronsdorf. „Ich bin immer wieder überrascht, was die Leute in den einzelnen Stadtteilen auf die Beine stellen“, sagt Schäfer.

Ihre Leselust scheint auf die nächste Generation abzufärben. Stolz berichtet sie von ihrem zehnjährigen Sohn, der wie sie früher in die Stadtteilbibliothek geht und sich Bücher ausleiht. Wenn er nach den Sommerferien auf die weiterführende Schule kommt, will sie sich stärker dem Schreiben widmen. „Im Moment bleibt mir wenig Zeit.“ Schließlich möchte Schäfer irgendwann auch ihren ersten Roman veröffentlichen.