Selbstverständlich und problemlos Eine Erweiterung der Kreativität: Wuppertaler Digitalkünstler arbeiten mit KI

Wuppertal · Zara Gayk und Frank N nutzen die künstliche Intelligenz für ihre Kunstwerke.

 KI in der Kunst ist für die Wuppertaler Künstler Frank N und Zara Gayk Alltag.

KI in der Kunst ist für die Wuppertaler Künstler Frank N und Zara Gayk Alltag.

Foto: Andreas Fischer

Die einen sprechen von Segen, die anderen von Fluch, die einen stellen alles infrage und sehen das Ende der Kreativität, die anderen preisen die grenzenlosen Möglichkeiten. KI, künstliche Intelligenz, erweitert auf jeden Fall unseren Kunstbegriff. Jetzt und in Zukunft, schwer zu fassen und ganz konkret. Zwei Wuppertaler, die schlicht und einfach mit ihr arbeiten, digitale Kunst erschaffen, sind Zara Gayk und Frank N. Beispiele dafür haben sie unlängst im KuKuNa-Atelier des Internationalen Begegnungszentrums (IBZ) an der Hünefeldstraße präsentiert (WZ berichtete). Während sie von einer Revolution spricht, die der durch die Digitalisierung gleichkommt, hält er KI lediglich für ein weiteres Werkzeug.

Was macht KI in der Bildenden Kunst?

Zara Gayk: Es gibt zwei Ansätze: über Spracheingabe Bilder zu generieren und Sprach- und andere Modelle zu trainieren, eine eigene KI, neuronale Netzwerke zu bauen. KI ist eine Blackbox, man weiß nie genau, wohin sie läuft. Einzelne Punkte verbinden sich zu Netzwerken, wenn sich die Parameter verändern, weiß man nicht, wohin sie ausschlagen. Es entstehen berechnete und zufällig wirkende Ergebnisse, die aus einer komplexen mathematischen, statistischen Funktionalität entstehen.

Wie wenden Sie KI an?

Zara Gayk: Ich nutze sie für Werbung in der Fotovorlagenbearbeitung und kreativen Grafikfindung. Außerdem interessiert mich die Möglichkeit, durch Sprachmodelle wie ChatGPT in Echtzeit Erzählungen zu gestalten. Wir entwickeln da gerade ein Projekt bei Tanzrauschen. Ich selbst erzeuge mit KI interaktive Bilderwelten, indem ich Prompts (Anweisungen/Eingaben, um eine bestimmte Antwort oder Aktion der KI zu initiieren, Red.) in ein Aufnahmegerät eingebe beziehungsweise spreche oder mit Hilfe von generativen Computerprogrammen verarbeiten lasse, um zu bestimmten Ergebnissen zu gelangen. Das geht auch live, in Echtzeit. Die Antwort kann eine Szene, sprachliche Ausgabe oder etwas anderes sein. Es entsteht ein Gespräch wie mit einem Menschen, der eben mit einer Riesendatenmenge operieren kann.

Wie verändert sich dadurch Ihr Arbeiten?

Zara Gayk: Ich muss mehr reflektieren und präziser sein. Ich erfahre eine Erweiterung, meine Kreativität bereichert das nicht. Ich muss mehr planen. Die Idee, KI könnte mich ersetzen, halte ich für Irrsinn. Im Gegenteil: Ich werde immer wieder von Ergebnissen überrascht, wenn ich nachschaue, ob eine Antwort mit meiner Erwartung übereinstimmt. Natürlich ist KI ein Werkzeug, über dessen Folgen man nachdenken muss in gesellschaftlicher, politischer und anderer Hinsicht, Stichwort Fake.

Frank N: KI hat meine Arbeit prinzipiell nicht wirklich verändert. Die Grundlage meiner Arbeiten sind Ideen und die stammen weiterhin immer von mir! Für die Umsetzung meiner Ideen benötige ich Werkzeuge. Eine Kamera ist beispielsweise nichts anderes als ein Werkzeug. In der Postproduktion kommt Photoshop oft zum Einsatz, aber auch viele andere Programme. KI-Applikationen sind letztlich ja auch nur Software. In diesem Sinne könnte man sagen, meine Toolbox hat sich erweitert und dadurch natürlich auch diverse Möglichkeiten.

Aber KI ist ein besonders gutes Werkzeug.

Frank N: Persönlich habe ich den Übergang von Analog zu Digital als wesentlicher empfunden. Das war wirklich eine Zäsur, damals hatte sich in meinem Workflow tatsächlich extrem viel verändert, teils radikal. KI empfinde ich mehr als eine Erweiterung. Zugegeben, eine mit mannigfaltigen Möglichkeiten, wo wir auch noch überhaupt nicht wissen, wo es enden wird, denn die Entwicklungen gehen ja weiter.

Zara Gayk: KI ist schon eine Revolution, weil sie so viel verändern wird, was wir uns noch gar nicht vorstellen können. Es geht darum, dass ich mit einer Arbeit eine Idee verbinde, und ich zeige dann das Ergebnis.

Wie steht es denn um das Urheberrecht, wenn KI eingesetzt wird?

Zara Gayk: Das ist geklärt. Das, was ich mit KI mache, liegt bei mir. Ich bestimme über Prompts, das ist ein kreativer Prozess.

Frank N: In dem Moment, in dem KI irgendwann komplett autark funktionieren sollte, wird es noch mal spannend. Denn dann wird sie ernsthaft zum Konkurrenten und dann müsste man die Frage des Urheberrechtes vermutlich noch mal ganz neu betrachten.

Kann KI gefälschte Kunst herstellen?

Zara Gayk: Wenn sich eine KI ganz viele Rembrandts anschaut, um einen zu fertigen, ist der doch digital. Am Ende muss noch jemand malen. Da kommt also keine echte Kunst raus.

Frank N: Das sehe ich anders, man denke nur an Holger Bär mit seinen Malmaschinen. Man müsste nur eine entsprechende Malmaschine konstruieren und das Endprodukt könnte sehr wohl auch ein Bild in Öl oder Acryl sein. Aber die Frage ist, glaube ich, grundsätzlich eine andere. Was bedeutet „gefälschte Kunst“ überhaupt? Wann ist ein Werk ein Gefälschtes? Mit der der Konzeptkunst zugeordneten Appropriation Art gibt es gar eine eigene Stilrichtung in der Kunst, die sich mit vorgefundenem Kunstwerken und ästhetischem Material beschäftigt und auseinandersetzt. Die Grenzen, ab wann da etwas als Plagiat oder Fälschung bewertet wird, sind fließend und oft werden sie nur juristisch geklärt. Andy Warhol würde vermutlich heutzutage mehr Zeit im Gerichtssaal verbringen, als in seiner Factory …

Also kann jeder Künstler sein, auch KI?

Frank N: Im Prinzip Ja. Aber auch hier stellt sich wieder eine Definitionsfrage. In Thailand gibt es malende Elefanten. Im Wuppertaler Zoo hatte man dem Schimpansen Epula mal eine eigene Ausstellung beschert. Sind seine als abstrakt, expressiv betitelten Bilder Kunst? Oder kann Kunst nur Kunst sein, wenn sie durch Menschenhand entstanden ist? Wenn die Antwort Nein heißt, dann kann wahrscheinlich auch KI zum Künstler werden.

Zara Gayk: Es geht um den Prozess, wenn man sich ernsthaft kümmert, kann man, kann jeder Kunst anstoßen. Das Besondere sind die Lernprozesse, die ich nicht lenken kann und deren Ergebnisse ich als Mensch bewerte und dann in den Entwicklungsprozess zurück spiegle. Das gefährdet nicht den Beruf des Künstlers, sondern eröffnet mir eine besondere Form einer Reflektion, die wie in einem Dialog funktioniert.

Sind alle künstlerischen Sparten gleich von KI betroffen?

Zara Gayk: Ja alle – auch in der Literatur. Es gibt nicht nur von KI gefertigte Bilder, sondern auch von KI geschriebene Bücher. Ein spannender Aspekt ist, dass KI Texte verständlicher machen kann.

Hat KI keine Schwächen?

Frank N: Doch, KI hat auf jeden Fall Schwächen, zumindest noch – das sieht man ja schon bei den Übersetzungsprogrammen, speziell wenn es um Sprachen jenseits von Englisch geht.

Zara Gayk: Oder bei speziellen Fachgebieten, die KI nicht per se verstehen kann. Es sei denn, spezielle Sprachmodelle lernen den Sinnzusammenhang in einer Fachsprache, wozu es menschlicher Experten bedarf, etwa im juristischen Bereich. Ein Kritikpunkt an KI wäre der, dass durch sie eine neue Form von Kolonialismus entstehen kann. Denn für das Kategorisieren werden Menschen in Indien, Thailand, afrikanischen Staaten zu Niedriglöhnen eingesetzt. Eigentlich kann KI noch viel zu wenig, ich hoffe, dass sich die Möglichkeiten erweitern: Je sauberer die Daten, desto sauberer das Ergebnis. Eine Aufgabe wäre vielleicht auch, KI nachvollziehbarer zu machen, warum sie wie zu welchen Entscheidungen kommt.

Wenn Sie KI in der Kunst einsetzen, wie erkennen Sie, ob Ihre Arbeit fertig ist?

Frank N: Ein Kunstwerk ist eh nie fertig. Man könnte immer weitermachen. Das ist ein fließender Prozess, der nur durch die Entscheidung beendet wird, aufzuhören. Das heißt aber nicht, dass das Werk dann wirklich fertig ist.

Zara Gayk: Ich arbeite viel in Serien, da gibt es oft Zwischenergebnisse, die ich in klassischen Kompositionen verarbeite.