Offen gesagt Eine Frage der Wahrnehmung

Wuppertal. Abonnenten und Käufer unserer Zeitung finden jeden Dienstag Prisma, das Zeitungsmagazin, in ihrer WZ. Das Heft konzentriert sich in der Hauptsache aufs Fernsehprogramm, setzt da und dort mit Beiträgen aber auch pointiert Akzente.

Lothar Leuschen

Im aktuell verteilten Heft hat sich ein Kollege mit Wuppertal beschäftigt und mit der Pina-Bausch-Ausstellung, die derzeit in der Bonner Bundeskunsthalle zu sehen ist. Er tat dies geschmeidig und mit spitzer Feder — und transportierte dabei die Vorurteile, die viele haben, die über Wuppertal reden, es aus eigener Ansicht aber meist nicht kennen. Das ist kein Drama. Wer über New York oder Buxtehude spricht, muss auch nicht unbedingt dort gewesen sein und darf dennoch wiedergeben, welchen Eindruck er von beiden Städten hat. Der von Wuppertal ist offenbar schlecht, er ist unterirdisch und erschreckend. Im Programmheft ist von einer Stadt die Rede, die ihre Zukunft an ein Factory-Outlet-Center knüpft, von „Niedergang“ ist die Rede und von „Schwadronieren über den Geist von Pina“. So kommt diese Stadt außerhalb dieser Stadt also an.

Nun ist das FOC für Wuppertals Innenstadt zweifellos wichtig. Ein neugestalteter Döppersberg mit einer riesigen, wunderschönen, aber leider leerstehenden Bundesbahndirektion kann nie und nimmer das Kapitel einer Erfolgsgeschichte sein. Deshalb wären Stadtrat und Verwaltung gut beraten, den Investor nach allen legalen Kräften zu unterstützen. Auch wenn das heißt, Klage gegen Remscheids Outlet-Projekt zu führen.

Das Tanztheater Pina Bausch ist ein Exportschlager und hat den Ruf der Stadt in der weltweiten Kulturszene gemehrt. Deshalb gilt es, diese Institution zu hegen, so gut es die wirtschaftlichen Möglichkeiten der Stadt zulassen.

Aber Wuppertal ist nicht nur FOC und Pina Bausch. Wuppertaler wissen das. Viele Menschen jenseits von Beyenburg und Vohwinkel wissen es offenbar nicht. Nun könnten alle, die es besser wissen, dem Autor des Textes im Programmheft Ignoranz oder gar Dummheit unterstellen. Das aber wäre ebenso falsch wie ungerecht. In diesem Falle wäre Wuppertal besser beraten, sich an die eigene Nase zu fassen. Was hat sich in den vergangen zehn Jahren nicht alles in dieser Stadt getan? Die Bildungslandschaft blüht auf, der Freizeitwert steigt, junge Unternehmer und Visionäre wie die von Utopia-Stadt verändern und denken Wuppertal neu. Immer mehr junge Einwohner entdecken ihre Liebe zur Heimatstadt.

Nach außen dringt davon nichts. Da läuft etwas schief. Wuppertal ist bisher noch nicht einmal in der Lage, Kölnern und Düsseldorfern zu sagen, dass sie an der Wupper schön und preisgünstig wohnen können, wenn sie auch in Düsseldorf oder Köln arbeiten. Dabei spricht nichts dagegen, Oberzentrum für das Bergische Land zu sein und gleichzeitig Schlafstadt für die umliegenden Metropolen.

Erfolg hat viel mit Haltung zu tun. Gesundes Selbstbewusstsein kann helfen, dass Wuppertal nicht mehr mit Niedergang und Tristesse in Verbindung gebracht wird. Gründe dafür gibt es längst genug.

Jetzt fehlt eigentlich nur noch jemand, der die verschlossenen Öffentlichkeits-arbeiter im Rathaus davon in Kennt- nis setzt.