Eisbärchen Anori tapst in die Welt
Anori tritt in die Fußstapfen von Halbbruder Knut. Die Besucher waren von ihrem ersten Auftritt ganz hingerissen.
Wuppertal. Es ist kurz vor halb elf, als sich die erste Tatze ins Eisbärengehege des Wuppertaler Zoos streckt. Majestätisch erscheint Bärenmutter Vilma und dreht eine kleine Runde, bevor sie noch einmal in der Höhle verschwindet.
„Alles in Ordnung, du kannst kommen“, soll das für ihre kleine Tocher Anori wohl heißen. Wenige Augenblicke später tapst das Eisbärenmädchen selbst ins Freie: Ein Raunen geht durch die Zuschauermenge vor dem Gehege.
Etwa kniehoch ist das kleine weiße Knäuel, das da erst einmal vorsichtig am Boden entlang schnuppert. Anoris Fell ist schneeweiß und kuschelig — wie frisch gewaschen für den ersten großen Auftritt. Schon nach kurzer Zeit wagt sich die Kleine auf Entdeckungstour quer durchs Gehege.
Die winzigen Tatzen rutschen über den glatten Boden, immer wieder purzelt Anori ihrer Mutter zwischen die Füße. Mama Vilma passt indessen gut auf: Alle paar Minuten streckt sie schnuppernd den Kopf in die Höhe.
Etwa 15 Kilo wiegt das knapp dreimonatige Eisbärmädchen inzwischen und ist vor allem eines: verspielt. Ob Äste oder Obst, alles wird zum Bärenspielzeug. Besonders gerne ärgert Anori ihre Mutter. Dazu knabbert sie an deren Tatzen und Ohren herum — höher kommt sie noch nicht.
Der Ausflug ins Gehege ist eine einzige Entdeckungsreise. Anori flitzt in alle Ecken, buddelt mit der Schnauze hinter einem großen Stein und erklimmt schließlich sogar einen langen Baumstamm.
Ihre kurzen Beine rutschen auf dem nassen Holz in alle Richtungen und verdutzt findet die Kleine sich platt auf dem Bauch wieder — ganz schön anstrengend so ein Ausflug ins Freie. Wer so aktiv durch die Gegend saust wie Anori, braucht viel Schlaf — etwa 18 Stunden pro Tag.
Anori ist die Halbschwester von Knut, dem berühmten Berliner Eisbären. Verantwortlich dafür ist Papa Lars. Der wandert im Nachbargehege auf und ab. Er wird seine Tochter nie zu sehen bekommen.
Zu groß ist die Gefahr, dass er sie verletzt oder, in einigen Jahren, mit ihr Inzucht treibt. Trotzdem darf auch Anori irgendwann in das größere Gehege mit der Steinklippe und dem tiefen Wasserbecken. Bis dahin muss sie aber schwimmen können und groß genug sein, um die hohen Stufen zu steigen.
Berührt hat den Nachwuchs bislang nur Anja Hillen. Die Tierpflegerin durfte Anori hochheben, um das Geschlecht zu überprüfen. „Schön und einzigartig“, beschreibt sie das Gefühl. Zuletzt hatte es in Wuppertal 1995 ein Eisbärjunges gegeben.
Schon nach kurzer Zeit bekommen die Besucher ein echtes Highlight zu sehen. Während Vilma gelassen auf den Hinterbeinen sitzt, bohrt Anori ihre kleine Schnauze in das dichte Fell und beginnt zu nuckeln. Mit ihren Tatzen hält sie sich beim Trinken am breiten Bauch der Mutter fest. Seit einer Woche gibt es zur Muttermilch auch schon eine Beilage: rohes Hackfleisch und Fisch.
Ab sofort werden Mutter und Tochter nur noch nachts in die Höhle gesperrt. Tagsüber dürfen sich die beiden frei bewegen. Mit etwas Glück können also alle Zoobesucher einen Blick auf den Nachwuchs erhaschen.