Erinnerung an Celine: „Mitten aus dem Leben gerissen“
Das Ehepaar Wobig hat seine vierjährige Tochter verloren. Eine Trauergruppe soll helfen, mit dem Schmerz umzugehen.
Wuppertal. Stolz zeigen Monika und Markus Wobig Fotos von ihrer kleinen Tochter Celine (4). Mal ist das kleine Mädchen mit den blonden Locken auf ihrem Roller unterwegs, mal tobt sie zu Karneval als Tiger verkleidet umher — immer in Bewegung, immer ein Lachen im Gesicht, ein echter Sonnenschein. Doch ihre Eltern haben Tränen in den Augen, wenn sie von Celine sprechen. Ihre Tochter ist im Juni plötzlich gestorben, an einer unerkannten Herz-Muskel-Entzündung. Am Abend vorher war noch alles wie immer gewesen.
„Sie wurde mitten aus dem Leben gerissen und für uns ist nichts mehr wie vorher“, sagt Markus Wobig. Seine Frau hat die Tochter eines Morgens leblos in ihrem Bettchen gefunden. Eine Stunde lang haben die alarmierten Sanitäter in der Wohnung versucht, das kleine Mädchen zu reanimieren — vergeblich. „Der Krankenwagen ist ohne Sirene nur mit Blaulicht losgefahren, da wusste ich schon Bescheid“, sagt Markus Wobig.
„In der ersten Zeit nach dem Tod haben wir einfach irgendwie funktioniert und alles Notwendige erledigt“, sagt der 42-Jährige. Mit der Zeit aber sei die Kluft zwischen ihnen und der Außenwelt immer größer geworden. „Die anderen hatten Angst, uns anzusprechen. Unsere Nachbarn wollten uns nicht im Hausflur begegnen“, sagt Monika Wobig. „Wir standen allein da. Die anderen können nicht nachvollziehen, welchen Schmerz wir empfinden“, ergänzt ihr Mann. Den beiden fällt es sichtbar schwer, über ihre Tochter zu sprechen, gleichzeitig hilft es aber auch, wie sie berichten.
Nichts ist nach dem Tod des Kindes schlimmer als das Schweigen der Außenstehenden — so auch die Erfahrung von Silke Kirchmann vom Caritas Hospizdienst. „Es ist für die Betroffenen wie ein zweiter Tod“, weiß sie. Kirchmann betreut unter anderem auch Gruppen für trauernde Eltern.
Mit ihrer Geschichte gehen die Wobigs jetzt an die Öffentlichkeit und suchen auf diesem Weg Eltern, die das gleiche durchgemacht haben wie sie. „Wir sind in unseren Stimmungen sehr wechselhaft, haben mal gute, mal sehr schlechte Tage. Da kommen Außenstehende nicht immer mit klar“, sagt Monika Wobig.
Von einer Trauergruppe erhofft sich das Paar regelmäßigen Austausch mit anderen Betroffenen: „Wir hoffen, so unsere Trauer besser bearbeiten zu können“, sagt ihr Mann. „Eltern mit der gleichen Erfahrung können unsere Gefühle anders nachvollziehen.“
Zwar gäbe es in der Stadt bereits Trauergruppen, aber entweder sie sind kostenpflichtig oder sie bestehen schon seit längerer Zeit, sagt Silke Kirchmann. Ein Angebot für Eltern, die ihre Kinder gerade verloren haben, fehle. In der Gruppe kann gemeinsam getrauert und gelacht werden und es werden bestimmte Themen besprochen. Beispielsweise die Frage, wie die Familie nach dem Tod mit Weihnachten umgeht oder was mit dem Kinderzimmer passiert.
„Der Schmerz von trauernden Eltern hat Dimensionen, die sich niemand vorstellen kann. Betroffene können das aber besser nachvollziehen“, sagt Kirchmann. Beim Hospizdienst liefen immer wieder Anfragen von trauernden Eltern ein, die sich Gruppenarbeit wünschen. Gerade die jetzt beginnende dunkle Jahreszeit sei eine „Katastrophe. Da kommen viele Ängste und Beklemmungen auf.“