Gedenkveranstaltung in Ronsdorf Erinnerungen an Boykott und Vertreibung in Wuppertal

Wuppertal · Rund 300 Personen nahmen an der Gedenkveranstaltung auf dem Bandwirkerplatz teil.

Bei der Veranstaltung sprach unter anderem Pfarrerin Ruth Knebel (r.).

Foto: Oelbermann Fotografie / Florian Schmidt

Rund 300 Menschen haben am Samstagmittag auf dem Bandwirkerplatz in Ronsdorf an die Befreiung des nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz vor 79 Jahren erinnert. Zugleich protestierten die Teilnehmer gegen das Wiedererstarken des Rechtsextremismus in Deutschland. Organisiert wurde die Kundgebung zum Holocaust-Gedenktag von Mitgliedern der Bezirksvertretung Ronsdorf, Kirchenvertretern und Mitgliedern des Heimat- und Bürgervereins.

Pfarrerin Ruth Knebel von der evangelischen Gemeinde Ronsdorf erinnerte daran, dass in Auschwitz mehr als eine Million Menschen getötet wurden. „Auschwitz steht für Brutalität und Unmenschlichkeit, für Verfolgung und die perverse Perfektion der Vernichtung von Menschen“, sagte sie.

Als Jugendliche habe sie die Erwachsenen oft gefragt: „Wie konntet ihr das zulassen?“ Nun müsse sie mit Blick auf die Erfolge der AfD erleben, dass Menschenverachtung und Rassismus wieder zunähmen. Sie sei „entsetzt, unter welchen Ängsten jüdische Menschen heute wieder bei uns leben müssen“, erklärte Knebel. Sie hoffe, dass die deutschlandweiten Massenproteste gegen Rechtsextremismus mehr als ein „Leuchtfeuer“ seien und die Menschen Rassismus und Hetze „mit klaren Worten und beherztem Mut“ begegneten.

Abraham Löwenthal trug zur Finanzierung der Badeanstalt bei

Das Schicksal jüdischer Mitbürger aus Ronsdorf, die der menschenverachtenden Rassenpolitik des NS-Regimes zum Opfer fielen, sprach im Anschluss Günter Urspruch an. Er zitierte dabei aus persönlichen Gesprächen mit Zeitzeugen, die die Vertreibung jüdischer Menschen erlebt hatten.

Das frühere Mitglied der Bezirksvertretung sprach dabei – ebenso wie Pfarrerin Knebel – das Schicksal von Abraham Löwenthal an, der die 1885 eröffnete Badeanstalt in Ronsdorf mitfinanziert hatte. Nachkommen seiner Familie wurden in der NS-Zeit deportiert und ermordet, andere mussten emigrieren. Urspruch erinnerte auch an den Boykott jüdischer Geschäfte in Ronsdorf – etwa des Textilgeschäfts der Familie Leffmann.

Die Opfer der NS-Diktatur müssten uns eine Mahnung sein, rechtsradikalen Umtrieben rechtzeitig entgegenzutreten, betonte Urspruch. „Wir müssen wachsam sein und aus unserer Geschichte lernen“, mahnte er. „Vergessen wir nicht: Adolf Hitler ist durch Wahlen Reichskanzler geworden.“ Leider seien damals nur wenige Menschen bereit gewesen, „Flagge zu zeigen“ und dem aufkommenden Nationalsozialismus entgegenzutreten.

Musikalisch begleitet wurde die Kundgebung von Silke Schneider, Kirchenmusikerin der evangelisch-reformierten Gemeinde in Ronsdorf. Sie stimmte zum Auftakt am Keyboard das Anti-Kriegslied „Sag mir, wo die Blumen sind“ an und verabschiedete die Teilnehmer mit dem vor allem aus der Bürgerrechtsbewegung bekannten Song „We shall overcome“ (Wir werden es überwinden). Mitsingen war da im letzteren Fall durchaus erlaubt.