Diskussion in Wuppertal über TTIP „Handel muss fair gestaltet werden“

Die Kandidaten für das EU-Parlament Anna Cavazzini (Grüne), Özlem Demirel (Linke) und Hasan Alkas (SPD) diskutierten über „Wirtschaft ohne Wachstum“.

Frank Herrmann (Piraten), Hasan Alkas (SPD), Anna Cavazzini (Grünen), Özlem Demirel (Linke) und Dirk Jädke (Wuppertaler Aktionsbündnis gegen TTIP, v.l.).

Foto: Fries, Stefan (fri)

Die Debatte über das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP ist in den vergangenen Monaten deutlich in den Hintergrund getreten und wurde überlagert von Themen wie Klimawandel, Kohleausstieg, Brexit oder auch Dieselfahrverboten. Mit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten liegt das geplante Abkommen derzeit zumindest auf Eis. Gleichwohl schwelt das Thema weiter und wird vor der anstehenden Europawahl auch aufgegriffen. So etwa am Dienstagabend bei einer Diskussion in der „Färberei“, zu der das „Wuppertaler Aktionsbündnis gegen TTIP und andere Freihandelsfallen“ (Wat) eingeladen hatte.

Vier Vertreter politischer Parteien diskutierten dort unter dem Motto „Europa: Wirtschaft ohne Wachstum?“ und forschten der Frage nach, ob und inwieweit Freihandel zu menschenwürdigen und nachhaltigen Bedingungen möglich ist. Auf der Bühne der Färberei trafen sich mit Anna Cavazzini (Grüne), Özlem Demirel (Linke) und Hasan Alkas (SPD) gleich drei Kandidaten für das EU-Parlament, ergänzt wurde die Runde von dem Piraten-Landesvorsitzenden Frank Herrmann.

Schiedsgerichte
als „Parallel-Justiz“

Nach einer Aufwärmphase mit der Frage zum positiven Gehalt der EU wechselte Moderator Dirk Jädke (Wat) gleich ganz tief in die Materie. „Wozu gibt es Schiedsgerichte?“, fragte er. Der Einsatz dieser privaten Schiedsgerichte wird von Entwicklungs- und Menschenrechtsorganisationen scharf kritisiert, sehen sie darin doch eine Art „Parallel-Justiz“, die vor allem dem Schutz der Konzerne dienen soll. Demirel und Cavazzini äußerten denn auch in der Diskussion ihre Ablehnung. Demirel sah in den Schiedsgerichten eine Möglichkeit zum „Aushebeln der Demokratie“, Cavazzini erklärte, diese Praxis schütze Investorenrechte eher „als Menschenrechte“. Piratenvertreter Herrmann warnte, dass solche Schiedsgerichte „ordentliche Gerichte“ ersetzen könnten.

Für einen Kontrapunkt in der Diskussion sorgte dagegen SPD-Mann Alkas. Der Professor für Mikroökonomie an der Hochschule Rhein-Waal wollte so gar nicht in den kritischen Unterton zu multilateralen Freihandelsverträgen einstimmen und gab eher den Mahner, dass Deutschland und Europa den wirtschaftlichen Anschluss verlieren würden, wenn sie sich nicht um Wirtschaftsbeziehungen bemühten. Europa stelle derzeit nur sieben Prozent der Weltbevölkerung, stehe aber für „23 Prozent der Wirtschaftsleistung“ weltweit.

Cavazzini und Demirel hielten dagegen und verwiesen darauf, dass Handelsabkommen in der Regel „Deregulierungsabkommen“ (Cavazzini) seien und zulasten der lokalen Wirtschaftsstrukturen etwa in den Entwicklungsländern gingen. Demirel verwahrte sich zudem vor dem Vorwurf, dass die Ablehnung von Multilateralismus und Freihandel einem neuen Nationalmus den Weg bereiteten. Es gehe nicht darum, den Handel komplett einzustellen, sondern ihn fair zu gestalten und „Knebelverträge“ für die Produzenten vor Ort zu verhindern, erklärte die Linken-Politikerin.