Film: Wuppertalerin auf Spurensuche in Island
Heike Fink hat eine Doku über das Schicksal deutscher Auswanderinnen gedreht.
Wuppertal. Das Islandufer an einem kalten Wintertag. Für die Wuppertaler Drehbuchautorin und Dokumentarfilmerin Heike Fink scheint so ein Treffpunkt naheliegend, nachdem Anfang Dezember ihr Film „Eisheimat“ in die Kinos kam. Zugleich schreckt sie das Umfeld. Wuppertal besitze Potenzial, sei aber in den letzten Jahren heruntergekommen. Ideen seien gefragt, nicht Geld, um die Stadt aufzuwerten. Durchaus könne sie sich vorstellen, über diese Wahlheimat einen Film zu drehen, doch momentan sehe sie dort keine spannende Geschichte.
So eine Geschichte serviert ihr nicht selten der Zufall. 2008 reiste Heike Fink im Rahmen des Gunnar Gunnarsson Stipendiums nach Skriduklaustur auf Island, um über die Bedeutung von Elfen zu recherchieren. Ein Land, in dem Blitz und Donner das Regiment rasch an schillernde Regenbogen übergeben, scheint in der Tat wie geschaffen für den Glauben an unsichtbare Mächte. Doch Heike Fink schloss auf Island erst einmal Bekanntschaft mit gänzlich anderen Wesen, die auf ihre Art vielleicht erstaunlicher sind als Lichtgestalten und Naturgeister.
Die Geschichte beginnt 1949 mit einer Zeitungsannonce: „Landarbeiterinnen aus Deutschland gesucht.“ Der isländische Bauernverband, der die Anzeige aufgegeben hat, spekuliert darauf, dass junge Frauen im zerstörten Deutschland bereit sind für ein Abenteuer in der Fremde, wo es an Arbeitskräften mangelt. Knapp 300 Frauen folgen dem Ruf — für Island die erste Masseneinwanderung seiner Geschichte.
Dass das, was als Arbeitsangebot deklariert ist, insgeheim auch den Heiratsmarkt auf der Vulkaninsel beleben soll, wird offiziell nie bestätigt. Die Frauen unterdessen haben ihre ganz persönlichen Gründe für den Aufbruch in die Fremde und dafür, letztlich auf Island zu bleiben. Sechs von ihnen berichten darüber in Heike Finks Film. „Sie hatten weder Strom noch fließendes Wasser“, berichtet die Regisseurin über ihre Interviewpartnerinnen. „Einige wussten vor ihrer Abreise nicht einmal, wo Island liegt. Alle haben sich über die Landschaft gewundert, darüber, dass es im Sommer nicht dunkel wird, dass es keine Bäume und keine Gardinen gab.
Vieles führten die deutschen Frauen in Island ein, so auch den Kartoffelsalat.“ Ihr Film sei wohl die letzte Gelegenheit, den inzwischen 80 und 90 Jahre alten Einwanderinnen eine Stimme zu geben, sagt Heike Fink und weiß, dass es dafür auch ein interessiertes Publikum gibt. Inzwischen allerdings nur noch im Kino, denn das Fernsehen gewähre dem klassischen Dokumentarfilm kaum noch Platz.
„Eisheimat“ ist Finks erster Versuch, sich in diesem Genre zu etablieren. Da die geborene Schwäbin keine Ausbildung als Regisseurin besitzt, will sie sich nicht an Spielfilme wagen, auch wenn sie dafür Drehbücher schreibt. Eher schon könne sie sich vorstellen, einen Roman zu verfassen. „Aber dazu müsste mir erst einmal eine Geschichte einfallen.“