Projekt VERSS Forschungsprojekt Sicherheitsgefühl: „Eine absolute Sicherheit kann es nie geben“

Wissenschaftler befragen Bürger in Wuppertal und Stuttgart zu ihrem Sicherheitsgefühl. Es gibt deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Stadtteilen in Wuppertal.

Eine Überwachungskamera an einer Haltestelle. Angst vor Kriminalität ist nur ein Aspekt in der Debatte um Sicherheit.

Foto: Lino Mirgeler

Wuppertal. 40 Seiten dick sind die „Leitlinie für eine gerechte Verteilung von Sicherheit in der Stadt“, die Oberbürgermeister Andreas Mucke am Mittwoch in die Hand gedrückt bekam. Anlass war der Abschluss eines dreijährigen Forschungsprojekts, bei dem das Sicherheitsgefühl von Bürgern in Wuppertal und Stuttgart untersucht und miteinander verglichen wurde. An dem vom Bund finanzierten Projekt mit der Abkürzung VERSS waren Wissenschaftler der Unis Wuppertal und Tübingen sowie der FU Berlin beteiligt. Jetzt wurden die Ergebnisse im Verwaltungshaus Elberfeld präsentiert.

Dass sich die Ausführungen dabei recht theoretisch anhörten, liegt in der Natur der Sache, wollen die Wissenschaftler doch zunächst ein allgemeines Gerüst vorgeben, das auch von anderen Städten übernommen werden kann. Die Vorschläge sollen dazu dienen, eine möglichst gerechte Verteilung der Sicherheitsmaßnahmen in einer Stadt zu erreichen, sie sollen „Leitplanken“ bieten, um die eigene Arbeit zum Beispiel in der Stadtverwaltung zu überprüfen.

Erschwert werden die Strategien zur Bekämpfung von vermeintlicher oder tatsächlicher Kriminalität zudem durch ein psychologisches Paradoxon: Nicht jeder, der Angst hat, hat auch Anlass dazu. Darauf wies Peter Bescherer von der Uni Tübingen hin: So fühlten sich vor allem Senioren unsicher, obwohl sie statistisch gesehen seltener das Opfer von Kriminalität würden als zum Beispiel junge Männer. Zudem gelte: „Eine absolute Sicherheit kann es nie geben!“

Elf Wissenschaftler der genannten drei Unis hatten sich des Themas angenommen, rund 1400 Personen in verschiedenen Stadtteilen wurden in Wuppertal befragt. Beim Vergleich zwischen Wuppertal und Stuttgart konnten mit Blick auf die Städte keine gravierenden Unterschiede festgestellt werden, erläuterte Tim Lukas, Leiter der Wuppertaler Teilstudie. Allerdings wurden zwischen den Stadtteilen Ronsdorf und Wichlinghausen große Unterschiede ermittelt. So hatten in Wichlinghausen deutlich mehr Menschen Angst vor Kriminalität als in Ronsdorf. Ihren Nachbarn vertrauten in Ronsdorf 81 Prozent der Befragten, in Wichlinghausen waren es lediglich 28 Prozent.

Vor allem die Bewohner an der Talachse hätten ein höheres Unsicherheitsgefühl, während im Norden und Süden der Stadt die Menschen weniger Angst vor Kriminalität hätten, betonte Lukas. Gleichwohl gebe es in Wuppertal zahlreiche Projekte, die sich mit der Kriminalitätsprävention befassten: Immerhin 41 listet die Wuppertaler Teilstudie auf.

Auch OB Mucke betonte, dass das Thema Sicherheit derzeit „in aller Munde“ sei, deshalb sei es wichtig, wenn dieser Bereich einmal wissenschaftlich untersucht werde. „Sicherheit bestimmt die Lebensqualität einer Stadt“, sagte er. Deswegen sei der „Austausch zwischen Theorie und Praxis“ so wichtig.

Wobei die Angst vor Kriminalität nur ein Aspekt in der Debatte um Sicherheit ist. Laut der Befragung in den beiden Städten fürchten die Menschen auch Armut und Arbeits- oder Obdachlosigkeit; Angst vor politischem Extremismus und dem Klimawandel sind dagegen eher schwächer ausgeprägt.