Begrabt mein Herz in Wuppertal Frühstück mit einer Operettensängerin

WZ-Kolumnist Uwe Becker über seine frühen Erfahrungen mit musikalischen Darbietungen.

Foto: Joachim Schmitz

Wuppertal. Einmal im Monat gehe ich in die Oper. Ein Besuch in unserem wunderschönen Opernhaus befriedet meine Seele und gibt mir Kraft für die Herausforderungen des Alltags. Im Dezember werde ich dort, im Kronleuchter-Foyer, auf Einladung der Ilona Ludwig-Band, einen Vortrag zu diesem Thema halten. Als Kind konnte ich mit dieser Form der musikalischen Darbietung nichts anfangen. Wenn meine Eltern im Fernsehen eine Oper schauten, war ich zutiefst betrübt, weil auf dem zweiten Programm „Lassie“ lief, eine Fernsehserie über einen hochbegabten Collie und seine Familie.

Dass Menschen nicht miteinander sprechen sondern sich ansingen, war für mich als Kind nicht nachvollziehbar. Ich muss der Oper aber zugute halten, dass sie mit offenen Karten spielt. Man weiß schon vorher, dass von Anfang bis Ende gesungen wird.

Eine noch größere Abneigung hatte ich als Kind gegen die Operette. Ich erinnere mich an einen Sonntagnachmittag, an dem „Der Bettelstudent“ im Fernsehen gezeigt wurde. Ich ging davon aus, dass es sich um einen ganz normalen Spielfilm handelte. Nach einiger Zeit gingen aber die Schauspieler vom gesprochenen Wort zum Gesang über. Ich war schockiert und schaute meinen Vater entsetzt an.

Anders als die Oper, empfand ich die Operette als hinterhältig. Ich verzog mich dann beleidigt in mein Kinderzimmer, schnallte mir meinen Cowboy-Gürtel um, steckte meinen Sheriff-Stern ans Hemd und erschoss Viehdiebe und andere Bösewichte. Mein Vater machte sich dann einen Spaß daraus, ab und an in mein Zimmer zu kommen, um mir mitzuteilen: „Komm wieder ins Wohnzimmer, sie singen gerade nicht!“ Ich lehnte dies aber ab, weil ich mich mit Billy the Kid duellieren musste oder Winnetou auf meinem Hochbett saß und mit mir eine Friedenspfeife rauchte.

Heute kann ich sagen, ich habe mich mit der Oper versöhnt, mit der Operette noch nicht ganz, obgleich ich kürzlich „La La Land“ im Kino gesehen habe und dort, entgegen meiner Erwartung, relativ wenig gesungen wurde. Nun werden manche Kenner sagen, Musical und Operette sind nicht das Gleiche, das mag sein, aber für mich macht das leider keinen Unterschied. Auf diesem Gebiet bin ich beratungsresistent.

Ich habe gelesen, dass auch in Opern ab und zu gesprochen wird. Dies kann ich bestätigen, hat doch mein Sitznachbar während Verdis Rigoletto permanent gequasselt.

Schließen möchte ich meine Kolumne mit einer Anekdote eines Freundes, der mir einmal anvertraute, er hätte vor Jahren auf einer Party eine junge Operettensängerin aus Düsseldorf kennengelernt. Als er am andern Morgen bei ihr am Küchentisch saß, fragte sie ihn, ob er seinen Kaffee mit Milch trinkt und ein Ei möchte. Allerdings sang die Sopranistin ihre weiteren Informationen über den Umfang ihres Frühstücks-Buffets: „Ich habe auch Kääääse und Schiiiinken und Maaarmeeelaaadeee…“ Spätestens dann hätte ich an seiner Stelle die Flucht ergriffen.