Begrabt mein Herz in Wuppertal 100 D-Mark und eine Bratwurst

WZ-Kolumnist Uwe Becker über seine Fußballerkarriere.

Foto: Joachim Schmitz

Wuppertal. Ich muss gestehen: Neben Musik, Tanz, Prosa, Lyrik, schönen Frauen, schnellen Autos und Haribo-Konfekt gehört auch der Fußball zu meinen großen Leidenschaften. In meiner Kindheit spielte ich beim Wuppertaler SC. Der Verein heißt heute, nach der Fusion mit Eisenbahn-Ost, SV Heckinghausen. Wir kickten auf dem Ascheplatz an der Widukindstraße und blutige Knie waren an der Tagesordnung. Verletzungen des Syndesmosebandes am Sprunggelenk oder einen Muskelbündelriss im Adduktorenbereich überließen wir späteren Generationen.

Unser „Trainer“ war der Vater eines Teamkollegen, ein bescheidener Mann, der nicht viel sprach und uns vor jedem Spiel dieselben Botschaften mit auf den Weg gab: „Abspielen, freilaufen!“ und „Haut die weg!“ In seltenen Fällen ergänzte er seine Anweisungen durch „Schießt hoch, der Torwart ist ein Zwerg.“ Dann klatschte er in die Hände und zündete sich eine Zigarette an. Taktischen Spielraum, was die Aufstellung betraf, hatte unsere Mannschaft nicht, wir waren in der Regel immer nur zu elft, wenn jemand Hausarrest hatte, spielten wir halt zu zehnt. Das sportliche Ziel war für jeden von uns, später beim WSV zu spielen, das hat dann nur einer von uns geschafft.

Wir spielten meistens Samstagnachmittag und trugen stolz unsere weißen Hosen und schwarzen Trikots. Im Alter von 14 Jahren wurde ich von einem anderen Verein abgeworben. Der Wechsel fiel mir nicht schwer, spielte doch mein bester Freund dort, und wir wollten nicht ständig gegeneinander antreten.

Nach dem Transfergespräch steckte mir der Jugendleiter 100 D-Mark in die Hand und spendierte am Sportplatz-Kiosk noch eine Bratwurst und eine Afri-Cola. Zu diesem Zeitpunkt war ich ja noch nicht steuerpflichtig, aber auch meinen Eltern verschwieg ich diese horrende Nebeneinnahme.

Zum Thema Schwarzgeld las ich dieser Tage einen Artikel, wonach der langjährige Präsident des Wuppertaler SV, Friedhelm Runge, einen Wuppertaler auf Zahlung von 100 000 Euro Schmerzensgeld verklagt, weil dieser behauptet, es hätte Hinweise für Schwarzgeldzahlungen im Verein gegeben. Das Strafverfahren gegen Runge hatte die Staatsanwaltschaft damals mangels Tatverdacht voll eingestellt.

Hierzu fällt mir eine lange zurückliegende, kuriose Begebenheit ein, die mich auch heute noch immer etwas ratlos sein lässt: Ein ehemaliger Trainer des WSV, Stammgast in einer Wuppertaler Szene-Gasstätte, in der ich arbeite, wollte morgens um 8 Uhr ein Käsebrötchen und einen Kaffee mit einem 1000-D-Mark-Schein bezahlen. Da wir gerade erst geöffnet hatten, befand sich in der Kasse natürlich nicht so viel Wechselgeld. Die Servicekraft bat den Trainer daher, zur Sparkasse zu gehen, um den Schein klein zu machen.

Warum hatte der Fußballtrainer eines Amateurvereins einen 1000-Mark-Schein in der Tasche? Schwarzgeld müssen wir ausschließen, da das Verfahren gegen Herrn Runge von der Staatsanwaltschaft aufgrund fehlender Beweislast eingestellt wurde (Zwinker-Smiley). Hatte der Übungsleiter das Geld von einem erfolgreichen Poker-Abend? Oder war es eher so, dass seine Oma ihm einfach was aus ihrem Sparstrumpf zugesteckt hat? Vielleicht nennt man aber auch Zahlungen an einen WSV-Trainer der Ära Runge schlicht und ergreifend nicht Schwarz-, sondern Schmerzensgeld?