Gehörlose kommen ins Gespräch

Vom Kind bis zum Senior: An der Kolpingstraße kümmert sich ein Verein um die Anliegen von Gehörlosen im Tal.

Foto: Mathias Kehren

Wuppertal. Etwa 400 Gehörlose wohnen in Wuppertal. Und wenn sie Hilfe brauchen, gibt es einen Ansprechpartner: Den Verein zur Förderung der Gehörlosen in Wuppertal. Dessen Vorgänger, der Gehörlosen-Stadtverband wurde bereits 1970 gegründet — und selten hat eine Organisation so sehr die Bezeichnung „Förder“ verdient, wie das Büro an der Kolpingstraße.

Vier Mitarbeiter empfangen Sozialdezernent Stefan Kühn (SPD), sie wollen über ihre Arbeit informieren. 60 Minuten haben sie Zeit. Eine Stunde, die kaum ausreicht. Sofort plaudert das Quartett los. Geschäftsführer Klaus Altenfeld, Vorsitzender Karlheinz Emmert und Marianne Brunner sprechen Lautsprache, ihre gehörlose Kollegin Melanie Bräcker spricht Gebärden.

Bräcker ist die Expertin für junge Leute. „Mit 35 Kindern habe ich vergangenes Jahr noch Halloween gefeiert, genauso viele waren auch bei Olympia in Dönberg dabei.“ Außerdem kümmert sie sich um den Treff der „TaCo Kids & Teens“, bei dem sie gehörlose Kinder und hörende Kinder von gehörlosen Eltern um sich versammelt. Hier besprechen sie all die Probleme, die der Alltag so mit sich bringt. Und vor allen Dingen können sie sich mal unterhalten.

Das Unterhalten-Können steht quasi im Mittelpunkt des Vereines, das wird in den 60 Minuten schnell klar. Als Gehörloser ist es schwer, einfach mal zu plauschen. „Mit dem Internet und Whatsapp ist das natürlich leichter geworden“, sagt Melanie Bräcker. So kann sie sich auch mit weit entfernten Freunden reden.

Aber zum Glück gibt es auch die Partys des Fördervereins, ein Speed-Dating und die „Deaf Jeans Partys“, die nächste ist am 6. September. „Beim ersten Mal haben wir eine kleine Kneipe gemietet und wollten mal schauen, ob das ankommt“, sagt Geschäftsführer Klaus Altenfeld. Als es losging, standen 150 Gehörlose vor der Tür, selbst aus Köln sind sie angereist.

Eine wichtige Säule der Arbeit bilden die Angebote für betagte Senioren, die oft ganz alleine da stehen. „Während des dritten Reiches wurden Gehörlose zwangssterilisiert. Sie haben keine Familie, die ihnen hilft, die sie mal im Krankenhaus besucht oder bei der Sterbevorsorge unterstützt“, sagt Klaus Altenfeld.

Ebenso engagiert ist der Förderverein aber im Alltag der Menschen. Die Mitarbeiter dolmetschen beim Arzt, auf dem Amt, helfen bei Zuschüssen und der Arbeitssuche.

Seit rund einem Jahr gibt es einen Stammtisch für Arbeitslose. Und die Arbeit stellte sich als Erfolg heraus: Sechs Wuppertaler wurde von Marianne Brunner in Arbeit und vier in Probearbeitsverhältnisse vermittelt - sogar in ein Modegeschäft. „Die junge Frau trägt auf ihrem Namensschild den Hinweis auf die Gehörlosigkeit“, sagt Brunner. Wenn die Barrierefreiheit teurer ist, hilft die Stadt mit der Eingliederungshilfe. Damit kann etwa ein vibrierender Piepser finanziert werden, wenn ein Gehörloser die Klingel nicht hört. Oder ein spezielles Hörgerät, das Melanie Bräcker braucht. Durch das 5000 Euro teure Gerät kann sie auch mal mit Eltern, die Hilfe des Fördervereins brauchen, telefonieren. Der Sozialdezernent versprach nach 60 Minuten, den Antrag zu prüfen und eine Beihilfe zu zahlen.