Gewalt am Fußballplatz: „Die Schiedsrichter sind vogelfrei“
Nach der tödlichen Attacke auf einen Linienrichter in den Niederlanden steht auch im Tal der Umgang mit den Referees im Fokus.
Wuppertal. Ein tödlicher Angriff von drei Jugendlichen auf einen Linienrichter hat in den Niederlanden große Trauer und Bestürzung ausgelöst. Der 41-Jährige, der seit Jahren ehrenamtlich in unterklassigen Fussballligen an der Seitenlinie stand, wurde am Sonntag brutal zusammengeschlagen und erlag am Montag seinen schweren Kopfverletzungen.
Im deutschen Amateurfußball beobachten die Schiedsrichter das Geschehen mit großer Sorge. „Dieser Vorfall in Holland ist erschreckend und beängstigend. Bei uns ist bisher so etwas, Gott sei Dank, noch nicht passiert. Doch auch hier sinkt die Hemmschwelle immer stärker“, sagt Wolfgang Vaak, Vorsitzender des Kreisschiedsrichterausschusses Wuppertal/ Niederberg.
„Wir Schiedsrichter sind mittlerweile vogelfrei. Wir sind nun einmal das schwächste Glied in der Kette.“ Immer häufiger sei es zuletzt zu üblen Beschimpfungen, zu Drohungen und Attacken gekommen. Vor rund drei Wochen bedrohte ein A-Jugendspieler einen Wuppertaler Schiedsrichter auf dem Nachhauseweg. „Der Typ hat mich verfolgt und zu mir gesagt ’ich weiß wo du und deine Familie wohnen’ und ’ich bringe dich um’. Da war ich geschockt und hab natürlich drüber nachgedacht, ob ich mir das alles noch weiter antun muss“, sagt der 21-Jährige, der anonym bleiben möchte.
Auch seien Schiedsrichter in dieser Saison wiederholt körperlich angegangen worden. „Einmal hat ein Spieler einem meiner Kollegen eine Kopfnuss verpasst, ein anderes Mal wurde ein Referee am Hals gewürgt“, berichtet der Wuppertaler, der seit drei Jahren Fußballspiele pfeift.
Nach seiner Einschätzung sei der Respekt vor den Männern in Schwarz in dieser Saison insgesamt geringer geworden. Diese Tendenz bestätigt auch Wolfgang Vaak. Der wachsenden Aggressivität sieht er ohnmächtig entgegen: „An Beleidigungen haben sich alle mittlerweile gewöhnt. Verband und Politik schauen leider nur auf die Profis und der Amateurbereich muss irgendwie selbst klarkommen“, sagt Vaak. Er fordert besonders von Trainern mehr Respekt und setzt auf deren Vorbildfunktion für die Spieler: „Der Trainer gibt die Richtung für die Mannschaft vor. Wenn er an der Außenlinie aggressiv die Schiedsrichter angeht, dann überträgt sich das oft auf die Spieler.“
Wegen der Todesdrohung wurde der Spieler für zehn Monate gesperrt. Der 21-jährige Schiedsrichter, der nicht zur Polizei gehen wollte, möchte jedoch auch zukünftig Spiele leiten. „Nach der Drohung war ich vor dem nächsten Spiel ziemlich verunsichert, doch auf dem Platz hab ich meine Leistung abgerufen. Es macht einfach Spaß, eine Partie vernünftig über die Bühne zu bringen und auch meine Persönlichkeit entwickelt sich dadurch enorm weiter.“