Hardt: USA und EU gehören zusammen
Wuppertaler, der für das Bergische Land im Bundestag sitzt, ist derzeit als USA-Kenner besonders gefragt.
Herr Hardt, beunruhigt Sie der neue US-Präsident Donald Trump?
Jürgen Hardt: Donald Trump ist in vielerlei Hinsicht anders. Sorge bereitet mir, dass er auf das Bauchgefühl setzt, anstatt auf sorgfältiges Beraten und Abwägen. Und da er auf einer Welle der Entrüstung gegen die bisherige amerikanische Politik die Wahl gewonnen hat, sieht er sich wohl unter Druck, diese Empörung - möglicherweise gegen die Fakten - aufrecht zu erhalten. Das hindert ihn daran, zu versöhnen, anstatt zu spalten.
Welche Kontakte haben Sie persönlich zur neuen US-Regierung?
Hardt: Bereits kurz nach der Wahl bin ich mit dem Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses des Senats, John McCain, und anderen Senatoren zusammen getroffen. Mein jüngster Besuch in Washington führte mich zum stellvertretenden Stabschef im Weißen Haus, Rick Dearborn, sowie ins Außenministerium zu den Europaexperten und natürlich in den US-Kongress, also in das Parlament. Überall ist das Interesse an Deutschlands Positionen und an einer Fortsetzung der intensiven Partnerschaft groß.
Wie sind diese Kontakte entstanden?
Hardt: Ich bin seit drei Jahren Koordinator für die Transatlantische Zusammenarbeit im Auswärtigen Amt und war rund 20 Mal zu stets intensiven, termindichten Besuchen in den USA, aber auch in Kanada. In der Zeit sind etliche belastbare Kontakte gewachsen. Ich habe mich auch früher nie nur auf die Demokraten konzentriert, sondern stets genauso den Kontakt zu republikanischen Gesprächspartnern gesucht. Das zahlt sich jetzt aus.
Wie wirkt sich die Politik von Donald Trump auf die bergische Wirtschaft aus?
Hardt: Donald Trump hat eine Überprüfung der amerikanischen Handelsbeziehungen auch zu Europa angekündigt. Im Bergischen Land gibt es viele Unternehmen, die direkt oder über ihre Rolle als Zulieferer für andere Unternehmen nach Amerika exportieren. Es wäre schlecht, wenn dieser Export erschwert würde. Wir werden alles daran setzen, für uns negative Entscheidungen in den USA zu verhindern. Dafür müssen wir über die 700 000 gut bezahlten Industriejobs in den USA reden, die unmittelbar von deutschen Investitionen abhängen. Unter dem Strich sichert Deutschland in den USA Millionen Existenzen.
Welche Chancen bietet Trump für bergische Unternehmen?
Hardt: Optimisten erwarten von der Regierung Trump eine stärkere Belebung der amerikanischen Wirtschaft. Das würde natürlich auch die Nachfrage nach Qualitätsprodukten aus Deutschland beleben. Ein wirtschaftlich starkes Amerika ist gut für den wichtigen Handelspartner Deutschland.
Welche Sorgen tragen die bergischen Unternehmer an Sie heran?
Hardt: Es ist eben genau die Unsicherheit, die uns alle angesichts der neuen US-Administration beschäftigt. Wir sind es bisher nicht gewohnt, dass sich der US-Präsident in teils widersprüchlichen Ankündigungen ergeht. Noch hat die Regierung Trump nicht wirklich konkret gehandelt. Die einzige fühlbare Aktion, das Einwanderungsdekret, ist von der Regierung zunächst entschärft und dann sogar von Richtern gestoppt worden.
Wie kann die bergische Wirtschaft den Austausch intensivieren?
Hardt: Es sind die konkreten Projekte, die Amerikaner beeindrucken. In Regionen, wo zum Beispiel die deutsche Automobilindustrie und ihre Zulieferer besonders aktiv sind, verfangen protektionistische Töne aus Washington nicht, weil man dort gute Erfahrung mit deutschen Unternehmen hat. Ich rate mittelständischen Unternehmen, die in Amerika Fuß fassen wollen, vor allem dort anzudocken oder aber in die innovativsten Regionen des Landes zu gehen: die Bay Area um San Francisco oder die Hightech Region um Boston.
Welchen Beitrag können die Schulen im Bergischen Land zu einem besseren Miteinander leisten?
Hardt: Wir sind den Amerikanern zu großem Dank verpflichtet für die Befreiung vom Nationalsozialismus, die Wiederaufbauhilfe nach dem Krieg und die Unterstützung für unser Projekt der Wiedervereinigung. Viele von uns haben die deutsch-amerikanische Freundschaft deshalb als selbstverständlich erlebt. Doch jede Generation muss ihre Themen der transatlantischen Freundschaft neu entdecken. Es gibt solche Themen, etwa im gemeinsamen Kampf gegen die Klimaerwärmung oder mit dem guten deutschen System der Berufsausbildung, um das uns die Amerikaner beneiden. Auch die Zukunft unserer offenen Gesellschaften ist ein solches verbindendes Thema. In Schulen sollten die historische Dimension und die Zukunftsdimension der Transatlantischen Freundschaft bearbeitet werden. Nicht unkritisch, aber mit Grundsympathie. Es gibt zwei große demokratisch-freiheitliche Regionen in der Welt: Nordamerika und die EU. Wir gehören zusammen!
Was kann die deutsche Politik von Trump lernen?
Hardt: Im Augenblick gibt er uns eher ein Negativbeispiel. Wir sollten für den Bundestagswahlkampf bei Wahrheit und Fairness bleiben. Wie wichtig dies für die politische Kultur eines Landes ist, sehen wir gerade in Amerika.