„Hier schaut man auf Charakter, nicht auf dargestellten Reichtum“
Gunhild Böth beantwortet als Erste den Fragebogen der WZ. Am Dienstag ist Peter Jung an der Reihe.
Frau Böth, was machen Sie am 14. September?
Gunhild Böth: Erstens Wahlkampf, weil es eine Stichwahl geben wird, zweitens eine Pressekonferenz zu weiteren politischen Aktionen und drittens Linke-Fraktionssitzung.
Was wird Ihre erste Entscheidung als Oberbürgermeisterin sein?
Böth: Presseteams weltweit werden anreisen, um die erste westdeutsche Linken-Oberbürgermeisterin zu interviewen. Erste Entscheidung: die Reihenfolge der Interviews festlegen.
Wenn Sie OB werden: Was ist das Erste, das Sie in Ihr Büro stellen/hängen?
Böth: Ein Riesenfoto vom Tanztheater, das schon in meinem Landtagsbüro hing, und einige (Bilder)bücher, damit Besucher auch ihre Kinder mitbringen.
Welches ist Ihr Hauptthema in der Kommunalpolitik?
Böth: Masterplan Stadtentwicklung mit allen Wuppertalern und Wuppertalerinnen gemeinsam entwickeln, damit Wuppertal nie wieder den Investorenwünschen ausgeliefert wird. Keine Großprojekte ohne Bürgerentscheid!
Gibt es für Sie ein Vorbild im Amt des Oberbürgermeisters? Wenn ja, warum?
Böth: Angelika Gramkow, Linke-Oberbürgermeisterin in Schwerin, unserer Partnerstadt. Sie meistert mit den Menschen zusammen freundlich und lösungsorientiert vielfältige Probleme.
Was wollen Sie als Oberbürgermeisterin anders machen als bisher oder als Ihre Vorgänger?
Böth: Ich möchte mit intelligenten Vorschlägen und der Bürger- Unterstützung die starre Einheit von SPD und CDU im Stadtrat aufbrechen.
Wer ist zurzeit für Sie der wichtigste Deutsche?
Böth: Ist nicht jeder Mensch gleich wichtig? Einige haben sicherlich mehr Macht und Geld, aber wichtig sind wir alle!
Womit lenken Sie sich nach einem anstrengenden Arbeitstag ab?
Böth: Mit einem Spaziergang und vor allem mit Lesen, was meinen Buchhändler in der Friedrich-Ebert-Straße freut.
Mit welchem Ihrer Kontrahenten würden Sie einen Abend verbringen und warum?
Böth: Mit Andreas Mucke, um zu erfahren, wie er die SPD weg von der großen Kooperation bringen will.
Wohin gehen Sie, wenn Sie Wuppertal in Ruhe genießen wollen?
Böth: Wuppertal ist für mich nicht Kulisse, sondern überall dort, wo Wuppertaler sind — also rein ins Getümmel.
Wann waren Sie das letzte Mal im Theater oder in der Oper?
Böth: Am 1.9., dem Antikriegstag, in der Citykirche: Brechts „Furcht und Elend des Dritten Reiches“, eine Aufführung der „Projektgruppe Ernst Toller“
Wann sind Sie das letzte Mal Schwebebahn gefahren?
Böth: Gestern
Was unterscheidet Wuppertal von Solingen und Remscheid?
Böth: Die Größe, die sprachliche Färbung, die Histörchen (tradierten Geschichten), das Kulturangebot, die Schwebebahn, die bunte Mischung der Menschen.
Warum ist es in Wuppertal schöner als in Düsseldorf?
Böth: Es ist so viel „normaler“. Hier schaut man auf den Charakter von Menschen und nicht auf den dargestellten Reichtum.
Klassik, Jazz oder Rock/Pop?
Böth: Alles! Es kommt auf die Stimmung und die Gelegenheit an.
Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
Böth:Dieter Noll, Kippenberg
Kaviar oder Currywurst?
Böth: Currywurst, wenn die Wurst richtig gut ist und scharf gewürzt. Champagner kann ich auch trinken ohne den Vorwand von Fischeiern
Was ist Ihr Lieblingsreiseziel?
Böth: Italien - in allen regionalen Ausprägungen. Deshalb habe ich Italienisch gelernt, Schulpartnerschaften geschlossen, damit meine Reisen nicht nur oberflächlich bleiben.
Welchem Fußballclub drücken Sie die Daumen?
Böth: Mit 18 bin ich in der Aufstiegsrunde vielen WSV-Spielen hinterhergefahren; also dem WSV, dass er es wieder schafft!
Wein oder Bier?
Böth: Wein nie ohne gutes Essen, Bier auch ohne. Abends oft auch ein alkoholfreies Weizen. Damit schläft man perfekt!
Ein perfekter Abend in Wuppertal sieht bei mir so aus:
Böth: Bei Giacomo mit meiner Familie oder Freund ausführlich essen, durch die Stadt flanieren, reden, mit der Schwebebahn zurück nach Barmen.
Was ist das Wichtigste, das Ihre Eltern Ihnen mit auf den Weg gegeben haben?
Böth: Mich immer gegen Missstände zu wehren und für Gerechtigkeit einzusetzen — und nicht nur dann, wenn ich selbst betroffen bin.