Rechtsstreit Hochschulen dürfen Texte weiter online zur Verfügung stellen
Uni und VG Wort streiten sich über digitale Nutzung von Texten. Es wird an einer Übergangslösung gearbeitet.
Wuppertal. Der Widerstand der Hochschulen war groß. So groß, dass manch einer glaubte, das digitale Zeitalter werde im Uni-Alltag nun doch wieder von einer analogen Arbeitsweise abgelöst: Die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort), die die Rechte der Urheber vertritt, hatte die Beträge für online zur Verfügung gestellte Texte bislang pauschal abgerechnet. Dieser Vertrag läuft zum Ende des Jahres aus, die Kultusministerkonferenz (KMK) und die VG Wort hatten im Oktober einen neuen Rahmenvertrag zur Einzelabrechnung vorgestellt. Beinahe sämtliche Hochschulen hatten bundesweit angekündigt, diesen nicht mittragen zu wollen.
Die logische Konsequenz: Die Texte dürfen online nicht mehr erscheinen, die Studenten müssen die gute alte Kopierkarte wieder mit Guthaben aufladen und sich ihr Lehrmaterial wieder aus Büchern kopieren. Spiegel Online hatte am vergangenen Sonntag bereits mit „Studenten, zurück an die Kopierer!“ getitelt. So wird es aber aller Voraussicht nach nicht kommen. Am 9. Dezember teilte die VG Wort mit, dassdie Hochschulrektorenkonferenz (HRK), KMK und VG Wort nun eine gemeinsame Arbeitsgruppe beauftragt haben, um „eine einvernehmliche Lösung für die Handhabung des Urheberrechts im Kontext der Lehre an Hochschulen zu entwickeln.“ Ferner heißt es, die Arbeitsgruppe werde den Lösungsvorschlag noch vor dem Jahresende vorlegen.
„Wir sehen das ganze Thema eher unaufgeregt“, so Johannes Bunsch, Leiter der Universitätskommunikation an der Bergischen Universität Wuppertal (BUW). „Wir gehen davon aus, dass der neue Vorschlag für eine Übergangslösung planmäßig zum Jahresende vorgelegt wird. Die Partner wollen einen bruchlosen Übergang gewährleisten.“ Deshalb müssten auch nicht zum Jahreswechsel alle Online-Dokumente von den Servern verschwinden.
Alldem ging das Urteil des Bundesgerichtshofs vom März 2013 voraus, das die pauschale Abrechnungsform kritisierte. Der neue Vertrag, der am 1. Januar in Kraft treten sollte, sah vor, dass die Hochschulen fortan 0,008 Euro pro Seite, Student und Semester bezahlen sollten. Das wurde an der Universität Osnabrück bereits getestet und für bei weitem zu aufwendig in der Organisation befunden. „In der Sache sind wir mit einem neuen Abrechnungsmodell einverstanden“, so Bunsch. „Aber das geplante Verfahren ist so aufwenig, dass es in keinem Verhältnis zu Nutzen steht.“
Bislang hatten die Bundesländer die Beiträge für die Nutzung digitaler Sprachwerke gezahlt, die deutschlandweit zuletzt bei 2,3 Millionen Euro pro Jahr lagen. Der neue Rahmenvertrag sollte die Hochschulen zur Kasse bitten. „Wie hoch die Kosten gewesen wären, ist schwer zu schätzen“, so Roland Kischkel, der Kanzler der BUW. „Nicht das ist auf Ablehnung gestoßen, sondern das komplizierte Modell, in dem die Universität durch ihren Beitritt zum Vertrag Zugang zu einem Meldeportal bekommt, in dem jede Seite und jeder Nutzer angegeben werden muss.“ Langfristig sei auch der Erwerb von digitalen Volllizenzen eine denkbare Lösung, Nach jetzigem Stand dürfen 12 Prozent eines Werks online zur Verfügung gestellt werden.
Auch das Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung — aus dessen Reihen auch Staatssekretär Thomas Grünewald die KMK in der Arbeitsgruppe vertritt — ist der Überzeugung, dass ein neuer, verbesserter Vorschlag schon bald vorliegen wird. „Ich habe derzeit nicht den Hauch eines Zweifels, dass man sich an die gemeinsame Vereinbarung halten wird“, sagte Pressesprecher Hermann Lamberty.