Wuppertaler Geschichte Hungerkrawalle und SPD-Spaltung

Der Erste Weltkrieg setzte den Städten an der Wupper massiv zu. 1917 litt ein Großteil der Menschen an Hunger. Die Politik war uneinig.

Foto: A. Hammer

Wuppertal. Februar 1917 — der Erste Weltkrieg ging bald in sein drittes Jahr und es herrschte allenthalben Kriegsmüdigkeit an der „Heimatfront“, auch in Barmen und Elberfeld. Der „Steckrübenwinter“ 1916/17 steckte den Menschen buchstäblich in den Knochen. Die anfängliche Kriegsbegeisterung war einer weitgehenden Desillusionierung gewichen. Die Menschen froren und hungerten. Heimkehrende Invaliden und Kriegsversehrte dokumentierten gegenüber dem Hurra-Patriotismus von einst jetzt das wahre Gesicht des ersten industrialisierten Massenkrieges der Geschichte.

Während Teile der auf Rüstungsindustrie umgestellten Unternehmen glänzende Gewinne erzielten, wuchs 1917 die soziale Not im Tal. In Barmen kam es am 26. Februar zu regelrechten „Hungerkrawallen“ von bis zu 8 000 zumeist jungen Männern mit Plünderungen nicht nur der innerstädtischen Bäckereien, sondern auch in den Villengebieten. Die vollständig überforderte Polizei rief aus Münster 600 Mann Militär zur Hilfe, das die Unruhen durch bloßes Erscheinen beendete. Danach herrschte Ruhe. Vorerst. Die Kriegswohlfahrtspflege in Barmen etwa funktionierte einigermaßen. Die vom Barmer Besitz- und Bildungsbürgertum getragene, sogenannte „Wohlfahrtszentrale“ der Stadt versorgte die fast 40 000 „kriegsunterstützungsberechtigten“ Menschen im Ort. Letztlich trug diese „Kriegswohlfahrt“ in den Kommunen dazu bei, den Krieg fast zwei Jahre zu verlängern.

Politisch spitzte sich die Lage allerdings zu. Während sich auf der einen Seite die völkischen Kriegsanhänger um Tirpitz, Kapp und führende Großunternehmer in der „Vaterlandspartei“ und im antisemitischen „Alldeutschen Verband“ sammelten, die eine Art „Blaupause“ für den kommenden Faschismus darstellten, hatte sich auf der anderen Seite die Sozialdemokratie in die sogenannte „Mehrheit“ der ursprünglichen Kriegskreditbefürworter und die „Minderheit“ der Kriegsgegner und radikalen Sozialisten gespalten. In Wuppertal war allerdings die „Mehrheit“ tatsächlich eine „Minderheit“. Im April 1917 gründete sich nach langen innerparteilichen Konflikten in Gotha die „Partei der Unabhängigen Sozialdemokraten“ (USPD) um Otto Haase, zu deren führenden Köpfen in Wuppertal die Journalisten Oskar Hofmann und Otto Niebuhr zählten. Diese Spaltung im kriegsgeschädigten Barmen und Elberfeld blieb nicht folgenlos. Anders als in anderen deutschen Städten wurden sie zur Hochburg einer linken Sozialdemokratie, als sich 80 Prozent der Mitglieder der ehemaligen Gesamtpartei jetzt der USPD anschlossen. Andererseits: Von den neun SPD-Stadträten wechselten nur zwei zu den „Unabhängigen“.