IHK-Präsident Sträter sieht Wuppertal im Städtedreieck vorne

Friedhelm Sträter hört als Präsident der Industrie- und Handelskammer auf — und analysiert die Situation im Bergischen.

Herr Sträter, wie hat sich die Unternehmenslandschaft im Bergischen Land seit 1997 verändert?

Sträter: Viele Kunden und Firmen, mit denen ich vor 45 Jahren als Schneidwaren-Zulieferer angefangen habe, sind nicht mehr da. Aber dafür sind neue hinzugekommen. Ich finde es aber bemerkenswert, dass sich unsere Region auf dem Gebiet der alten Industrieprodukte nach wie vor gut entwickeln kann. Der Industrieanteil ist nach wie vor hoch, und viele Unternehmen spielen eine wichtige Rolle, auch weltweit. Wir sind eine innovationsbereite und -fähige Region.

Woran denken Sie?

Sträter: Zum Beispiel an den Bereich Automotive, den gab es vor 16 Jahren noch gar nicht.

Ist die Akzentuierung des Industriesektors noch richtig?

Sträter: Die ist sogar dringend notwendig. Nur von diesen Entwicklungen leben wir. Wenn wir das als Kammer vernachlässigen und das Bergische zum Dienstleistungs-Standort ausrufen, gehen wir in die falsche Richtung.

Wie sieht es um die Zukunftsfähigkeit der drei Städte aus?

Sträter: Wuppertal kann zur Zeit am besten atmen. Es hat einige richtige Entscheidungen getroffen und erhält natürlich massive finanzielle Hilfe vom Land. Danach kommt Solingen: Es hat beim Sparen seine Hausaufgaben gemacht, auch durch die hervorragende Idee, die Bürger einzubeziehen. Remscheid hat es am schwersten.

Können Sie Überlegungen in Solingen nachvollziehen, sich nicht weiter auf Remscheid und Wuppertal zu verlassen, sondern Kontakte zu Haan, Hilden und Langenfeld auszubauen?

Sträter: Darüber werden die Düsseldorfer natürlich begeistert sein und es wehrlos hinnehmen. Nein, im Ernst: Das ist der absolute Wahnsinn. Die Region ist klar definiert. Die Remscheider träumen zwar auch von Radevormwald und die Solinger vom Rheinanschluss in Hitdorf. Aber das ist Großmannssucht.

Die Konsequenz daraus ist, dass Partner weitermachen, die einander auf einigen Gebieten nicht mehr vertrauen.

Sträter: Es gibt dazu keine Alternativen, auch gesetzlich nicht. Feuerwehrleitstelle, Volkshochschule und Bergische Symphoniker sind für mich ein Lehrstück, wie Kooperation nicht laufen sollte. Man sollte daraus lernen.

Der Wille dazu ist in den drei Städten unterschiedlich ausgeprägt. Nehmen wir den Plan einer gemeinsamen Wirtschaftsförderung. Ich sehe sie nicht.

Sträter: Das ist das Ergebnis unterschiedlicher Voraussetzungen: Remscheid hätte sie gerne, weil sie keine eigene hat. Die Solinger Wirtschaftsförderung trägt die Nase recht hoch, und die Wuppertaler machen sowieso alles besser. Dieser Wahrheit kann ich mich nicht entziehen. Wuppertal kümmert sich selbst um Förderanträge durch den Bund und die EU, obwohl das eigentlich die Bergische Entwicklungsagentur für alle drei Städte macht. Wobei ich nicht ungern gehört habe, dass NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin bei unserem Neujahrsempfang deutlich gemacht hat, dass Anträge einzelner Städte künftig chancenlos sein werden. Es gibt nur Geld für alle drei Städte — für gemeinsames Handeln.

Was verhindert eine bessere Kooperation oder erst einmal eine bessere Kommunikation zwischen den drei Städten? Wuppertals Überheblichkeit oder Remscheids und Solingens Gefühl der Unterlegenheit?

Sträter: Es ist natürlich auch ein Machtspielchen. Das war immer so. Aber ich finde, es hat sich schon viel verbessert im Zusammenspiel der drei Städte. Als ich 1997 anfing, telefonierten die Oberbürgermeister nicht einmal miteinander. Die drei jetzigen verkehren dagegen freundschaftlich miteinander, aber natürlich streiten sie sich auch. Daraus kann ja was werden für die Region, vielleicht noch nicht jetzt, aber vielleicht in 20 Jahren.

Ist die Region wettbewerbsfähig, um die besten Köpfe zu gewinnen, sei es als Ingenieure oder auch in anderen Bereichen?

Sträter: Davon bin ich überzeugt. Das gewährleistet schon die intensive Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen und der Uni Wuppertal. Das war nicht immer so. Auf diese Entwicklung haben die Kammer und ich maßgeblich hingewirkt.

Welche Chancen bieten Solingen und Remscheid der Hofgarten und das Designer Outlet Center — so es denn kommt?

Sträter: Sie werden enorm profitieren. Die Center werden urbanes Leben in die Städte tragen.

Woran ist die Wahl Ihres designierten Nachfolgers Stefan Kirschsieper gescheitert?

Sträter: Die Analyse möglicher Gründe ist aus meiner Sicht Spekulation.

Was sind Thomas Meyers Stärken?

Sträter: Thomas Meyer leitet ein weltweit operierendes und sehr erfolgreiches Unternehmen. An seinem unternehmerischen Geschick und seinem Format bestehen keine Zweifel. Ich traf ihn einige Tage nach der Wahl zur Vollversammlung. Er hat nur eine Nacht gebraucht, um mein Angebot zur Kandidatur anzunehmen. Herr Meyer hatte mir unter anderem durch seinen Kampf fürs DOC in Remscheid imponiert. Dabei hat er versucht, die Einzelhändler mit ins Boot zu holen.

Die IHK hat die DOC-Ansiedlung befürwortet — die Geschäftsleute liefen Sturm.

Sträter: Das DOC ist der Wille der Remscheider Bevölkerung und der Unternehmerschaft und befindet sich in Lennep unmittelbar zur Innenstadt, so dass es zur Zeit keine nennenswerten Widerstände dagegen gibt.

Wie wird Ihre Rolle in der Kammer künftig sein?

Sträter: Ich bin gerne bereit, Herrn Meyer zu unterstützen, wenn er dies wünscht.