Immer Ärger mit den Noten: Wenn der Ankereffekt zuschlägt

UniTal: Am Donnerstag um 19.30 Uhr Vortrag in der CityKirche Elberfeld zum Thema Notengebung.

Wuppertal. Schon in jungen Jahren macht so mancher Schüler die schmerzhafte Erfahrung, dass er seine schulischen Leistungen ganz anders einschätzt als seine Lehrer. Der Grund dafür kann beim Schüler liegen, muss er aber nicht - wie Professorin Cornelia Gräsel, Leiterin des Instituts für Bildungsforschung an der Universität Wuppertal, mit wissenschaftlichen Studien belegen kann. "Was verzerrt die Notengebung von Lehrern", lautet das Thema ihres Vortrags im Rahmen der Reihe UniTal am Donnerstag, 11. November. Beginn ist um 19.30 Uhr in der CityKirche Elberfeld, Kirchplatz 2. Der Eintritt ist frei.

Eine allgemeine Lehrerschelte liegt Cornelia Gräsel fern. Das würde auch ihrem Lehr- und Forschungsauftrag an der Bergischen Universität widersprechen. Das von ihr geleitete Institut für Bildungsforschung ist einer der Eckpfeiler der in der vorigen Woche offiziell eröffneten "School of Education". Und die hat sich zum Ziel gesetzt, die Lehrerausbildung - inklusive der Notengebung - zu verbessern. "Die Noten haben in unserem Bildungssystem eine ganz entscheidende Funktion. Sie haben praktisch das alte Standesrecht ersetzt. Noten entscheiden, welche Schullaufbahn eingeschlagen wird, Noten entscheiden, welche Berufswege beschritten werden. Das ist nicht in allen Ländern und Bildungssystemen so stark ausgeprägt. Bei der Bedeutung, die den Noten von uns beigemessen werden, sollten sie aber auch etwas über die tatsächliche Leistung aussagen", fordert Cornelia Gräsel. In einem ganz zentralen Punkt kann die Bildungsforscherin Schüler und Eltern beruhigen. "Es liegen Studien vor, die zeigen, dass Lehrer verzerrende Einflüsse auf die Notengebung besser ausschalten, wenn sie wissen, dass von ihrer Entscheidung viel für den Schüler abhängt."

Als Beispiel nennt Cornelia Gräsel den sogenannten Ankereffekt. Der Lehrerin oder dem Lehrer wird eine Schularbeit vorgelegt, die vor ihm schon ein Kollege bewertet hat. Wird er oder sie nun gebeten, sich die Arbeit noch einmal anzuschauen und zu beurteilen, so besteht die Tendenz, sich der vorher getroffenen Einschätzung anzupassen.

Eigenständiger und treffender fallen die Beurteilungen dann aus, wenn vorher auf die große Bedeutung der Bewertung für den jeweiligen Schüler hingewiesen wird. Die Motivation des Lehrers und der Appell an seine Verantwortung führen in diesem Fall zur Vermeidung des Ankereffekts. Aussehen, Sprache und sogar der Name des Schülers können sich ebenfalls positiv oder negativ auf die Notengebung durchschlagen.

Professor Cornelia Gräsel wird weitere verblüffende Effekte rund um die Notengebung beschreiben, die vor allem unerfahrene Pädagogen fürchten müssen. Und die Zuhörer darf gespannt sein, was es mit dem rätselhaften "großen Fisch im kleinen Teich" auf sich hat.