Udo Dziersk In Wuppertal lebender Künstler begleitet Kunstnachwuchs – in Düsseldorf und in Xi’an

Wuppertal · Seit zehn Jahren lehrt er an der zentralchinesischen Kunstakademie – in Wuppertal lebt und malt er.

Udo Dziersk mit seinen chinesischen Studierenden.

Udo Dziersk mit seinen chinesischen Studierenden.

Foto: Udo Dziersk

Natürlich kann er mittlerweile Chinesisch, schließlich hat er es gelernt. In der Pandemie freilich sind die Kenntnisse mangels Nutzung etwas eingerostet. Egal, seine Assistenten können seine Mimik lesen, wenn sie ihm bei der Kommunikation mit seinen Studierenden helfen – an der Academy of Fine Arts in Xi’an. Ende August fliegt Udo Dziersk, freischaffender Maler in Wuppertal und Professor an der Kunstakademie Düsseldorf, wieder in die gut vier Millionen große Hauptstadt der zentralchinesischen Provinz. Als Gastprofessor, der mehrere Wochen im Jahr den chinesischen Kunstnachwuchs unterrichtet. Eine Freundschaft mit nunmehr zehnjähriger Dauer.

Künstler und Professor Udo Dziersk mit einer Maske, die er vor Jahren in einem Laden entdeckte. Der aus Pappmaché gefertigte Kopf wird bei Festen im ländlichen Raum zur Belustigung über den Kopf gezogen.

Künstler und Professor Udo Dziersk mit einer Maske, die er vor Jahren in einem Laden entdeckte. Der aus Pappmaché gefertigte Kopf wird bei Festen im ländlichen Raum zur Belustigung über den Kopf gezogen.

Foto: Sophie Oehus

Alles begann mit einer Einladung nach Korea, die Udo Dziersk 1999 annahm. Bis dahin hatte sich der gebürtige Gelsenkirchener für Asien nicht wirklich interessiert. Nun aber war der Künstler, der 1995 in einer ehemaligen Schreinerei am Rott ein Zuhause für Leben und Arbeiten gefunden hatte, fasziniert „von der Offenheit, Freundlichkeit der Menschen“, ihrer starken Bindung an die Tradition, die so ganz anders war als die westliche Kultur, auch von Landschaft und Vegetation. „Das alles zog mich als visuell denkenden Menschen natürlich an.“ Er folgte dem Rat, das einmal geweckte Interesse in China zu vertiefen, verkaufte einige Bilder an seine Bank und reiste im folgenden Jahr mit dem Erlös nach Peking. Dort quartierte er sich in einem Hochhaus ein, malte Bilder in „Koffergröße“ und schaute sich die Metropole an.

Dem dreimonatigen Aufenthalt aus Malen und Sightseeing folgte die Rückkehr nach Deutschland. Er arbeitete als Maler und trat 2002 an der Düsseldorfer Kunstakademie, wo er studiert hatte, eine Professur an. Erst 2014, vor zehn Jahren, fand er Zeit und bewarb sich erfolgreich beim Deutsch-Chinesischen Kulturaustausch Düsseldorf um ein zweimonatiges Stipendium. Bevor er es antreten konnte, flatterten ihm Anfragen von zwei Kunstakademien aus Peking (Beijing Normal University) und Xi’an (Academy of Fine Arts) ins Haus, für jeweils einen Monat Unterricht zu geben. Mit zwei Lehraufträgen und Ideen für zwei Workshops im Gepäck reiste er ins in Land des Lächelns, gab auch hier sein Wissen an den Kunstnachwuchs weiter.

2019 brachte Dziersk seine erste Klasse zum Abschluss

Und kam gut an, wie ihm eine, wenige Monate nach seiner Rückkehr ereilende, Lehrauftragsanfrage aus Xi’an für das Frühjahr 2015 vor Augen führte. „Ich merkte, dass das was Längerfristiges werden könnte“, erinnert er. Nach einer Unterrichtsphase 2016 wurde ihm 2017 eine Gastprofessur angetragen, die er seither jährlich ausfüllte.

2019 brachte er seine erste Klasse zum Abschluss, die akribisch vorbereitete gemeinsame Feier jedoch musste er kurzfristig aus gesundheitlichen Gründen absagen. Über eine Videokonferenz erlebte er die Präsentation notdürftig mit. 2020 vereitelte die Corona-Pandemie eine geplante Ausstellung von chinesischen Kollegen und Studierenden in Düsseldorf, die Gastprofessur wurde in der Folgezeit mehr recht als schlecht über WeChat aufrechterhalten. „Das war nur scheinbefriedigend, es ging, war aber beschwerlich.“ Umso erfreuter war Dziersk, als er im September 2023 wieder nach China reisen konnte, „das war schon klasse“. Er frischte alte Freundschaften auf, lernte neue Studierende kennen „in einer vertrauten-unvertrauten Gegend“.

Wenn er nun am 31. August für zwei Wochen wieder nach Xi’an fliegt, will er einen Katalog mit seiner ersten Klasse zu Ende bringen, der 2019/2020 liegen geblieben ist. Er will täglich unterrichten, etwas Sport machen und viele Skizzen anfertigen. Die mit Tempera und Zeichenstift erstellten Zeichnungen will er an seine Wand in seinem Wuppertaler Atelier hängen und sich inspirieren lassen. Vielleicht kann er sie für die großen Bilder nutzen, die er hier malt. Im nächsten Jahr könnte eine große Ausstellung in Xi’an anstehen. Der ehemalige Präsident des Oil Painting Department habe sie vorgeschlagen, auch Sponsoren zusammengebracht. Im September will Dziersk Genaueres festmachen.

Der Wuppertaler liebt die Lehre, nicht weil er gerne doziert, sondern weil er „hoffentlich gut begleitet“, sagt er. Natürlich rede er über seinen Beruf, vermittle Maltechniken und -möglichkeiten, vor allem aber will er jungen Menschen, die einen steinigen und steilen Weg vor sich haben, viele Informationen und Erfahrungen geben. In Düsseldorf, wo er im Orientierungsbereich arbeitet, genauso wie in China, einem Land, das ihn immer noch fasziniert und das sich verändert. In Gesprächen stelle er immer wieder fest, dass sich die Menschen mehr auf ihre alten Werte besinnen, junge Frauen und Männer verabredeten sich in Kleidung aus der Zeit der Tang-Dynastiezeit, dem Goldenen Zeitalter Chinas. Man rede offen und kritisiere durchaus, „aber mit Respekt“, erzählt Dziersk und führt als Beispiel die Antwort eines Kollegen auf die Frage nach dem Umweltschutz an: „Udo, wir haben das Problem noch nicht gelöst“, habe dieser gesagt. Das bedeute doch, dass es erkannt und das Wissen, etwas tun zu müssen, vorhanden sei, dass man etwas tue, aber es noch nicht geschafft habe, interpretiert Dziersk. China sei gut aufgestellt und sei zugleich neugierig auf den Westen, zeige eine spielerische Offenheit. Der Deutsche schätzt die Bereitschaft, etwas gemeinsam schaffen zu wollen, „geht nicht, gibt’s nicht“. In Deutschland sei dies zunehmend anders. Liebäugelt er mit einem längeren Aufenthalt? Nein, „ich bleibe doch hier in Wuppertal“.