Besonderes Jubiläum Joachim Dorfmüller ist seit 65 Jahren Organist der Wuppertaler Lutherkirche

Wuppertal · Zu diesem Anlass gibt es am heutigen Freitag einen Gottesdienst sowie ein Konzert.

Joachim Dorfmüller vor der Orgel in der Lutherkirche, an der er heute Abend sein Jubiläums-Konzert gibt.

Foto: Anna Schwartz

Dass er 65 Jahre lang die Lutherkirche mit Orgelklang gefüllt hat, findet Joachim Dorfmüller selbst „irgendwie unglaublich“. Daran hat er als 20-Jähriger jedenfalls nicht gedacht, als er zum 1. September 1959 seinen Dienst als Organist im „Heidter Dom“ antrat. Diesen Dienst konnte er über die verschiedenen Stationen seiner Musiker- und Lehrkarriere beibehalten. So dass er jetzt das Jubiläum feiern kann – mit der Gemeinde in einem Gottesdienst am Sonntag und allen, die noch einmal seine Kunst in der Lutherkirche genießen wollen, bei einem Konzert am heutigen Freitag um 19 Uhr.

Engagiert wurde der junge Musiker, als die damalige Organistin Gisela Hellwig die Gemeinde verließ, die er bereits erfolgreich vertreten hatte. Er dachte an einen Studentenjob – und blieb. Gelernt hatte er das Orgelspiel vom Vater, dem Kantor, Organisten und Musikpädagogen Ewald Dorfmüller. Der lehrte ihn erst Klavier, dann Geige, später Orgel – auch, als die Familie ausgebombt nach Sachsen kam. In der Leipziger Thomaskirche hatte der elfjährige Joachim seinen ersten Organistenjob, sprang spontan bei einer Trauung ein. Kurz danach ging es zurück nach Wuppertal.

Nach dem Abitur machte Dorfmüller die Musik zum Beruf, studierte in Köln, um Lehrer für Musik und Latein zu werden. Das ließ sich gut mit dem sonntäglichen Orgelspiel in der Kirche vereinbaren. Und dabei blieb es auch über Promotion und Referendariat, natürlich auch, als er als Lehrer am Gymnasium Sedanstraße arbeitete. Ebenso, als er Dozent in Duisburg, später Professor an der Universität Münster wurde.

Die Orgel der Lutherkirche hatte bei seinem Start ihre besten Tage hinter sich: „Jeden Sonntag bin ich reingekrochen, habe Mäuse und Ratten rausgeholt, einmal auch einen Damenschuh“, erzählt Dorfmüller schmunzelnd. Und unter einem Blasebalg fand er eines Tages Noten von Mendelssohn-Stücken – vor den Nazis dort versteckt, die diesen Komponisten als Juden verboten hatten.

Als die Gemeinde eine neue Orgel plante, konnte Dorfmüller sie mitkonzipieren. Er half sogar einige Tage dem Orgelbauer in Wilhelmshaven: „Ich durfte sägen, feilen, bohren und die Pfeifen auf Länge prüfen.“ Das erworbene Wissen half ihm später bei Reparaturen. 1966 wurde die Orgel an ihrem ungewöhnlichen Standort diagonal gegenüber der Kanzel eingeweiht.

Seitdem spielt er auf diesem „wunderschönen Instrument“: „Das Besondere ist, dass sie sowohl für barocke als auch romantische Musik geeignet ist“, erklärt er. Was er am liebsten spielt? „Ich habe auf der Orgel ein Faible für Bach“, sagt er, aber auch Mozart spiele er gern. Am Klavier, wo er ebenso zu Hause ist, zieht er klassische Komponisten vor und hat sich viel mit dem Norweger Edvard Grieg befasst. Er war viel in Norwegen, gründete die Deutsche Grieg-Gesellschaft und setzte sich dafür ein, dass im Komponistenviertel auf dem Heidt nun ein Edvard-Grieg-Weg existiert. Ihn interessiert aber auch zeitgenössische Musik, er ist Gershwin-Fan, hat sich von seinen Studenten an der Uni Münster mit dessen „Rhapsody in Blue“ verabschiedet.

„Ihre Vielseitigkeit hat mich immer beeindruckt“, zollt Christoph Brüssermann dem Musiker Respekt. Der stellvertretende Bezirksbürgermeister von Heckinghausen hat viele Veranstaltungen mit ihm erlebt. Hermann Josef Brester, Vorsitzender des Heidter Bürgervereins, schätzt Dorfmüller als Mitglied des Bürgervereins. Und für dessen Initiative, 2000 mit einem Konzert Geld für die sanierungsbedürftige Dicke-Ibach-Treppe zu sammeln. „Das Konzert hatte eine fantastische Resonanz“, erinnert sich Brester. Dorfmüller spielte Stücke von Komponisten, nach denen Straße auf dem Heidt benannt sind – diese Idee greift das Jubiläumskonzert wieder auf.

Pfarrer Frank Schulte kennt den Organisten noch gar nicht so lang, hat aber schon erfasst, dass dieser immer „mit dem Herzen dabei“ ist. Und in der Lage ist, die Menschen mitzunehmen und für die Musik zu werben. Das hat Dorfmüller bei unzähligen Konzerten in der Kirche und bei Konzertreisen gemacht; ein womöglich letztes Konzert in der Kirche ist das Jubiläumskonzert, denn die Gemeinde kann das Gebäude nicht mehr halten.

Dorfmüller hofft auf eine neue Nutzung von Kirche und Orgel. Für weitere Konzerte und, damit er dort üben kann, ergänzend zu den täglichen Stunden am heimischen Flügel: „Die Vitalität muss in den Fingern bleiben.“