Verkauf geplant Abschied von der Alten lutherischen Kirche am Kolk in Wuppertal

Wuppertal · Nach 272-jähriger Geschichte wird das Gebäude entwidmet und geschlossen.

Sie hat viel erlebt und drei Zerstörungen überstanden: Nun wird die Kirche am Kolk entwidmet und geschlossen.

Sie hat viel erlebt und drei Zerstörungen überstanden: Nun wird die Kirche am Kolk entwidmet und geschlossen.

Foto: Bernhard Romanowski

Sie hat viel erlebt und drei Zerstörungen überstanden. Am Sonntag wird die Alte lutherische Kirche am Kolk entwidmet, geschlossen und später verkauft. Die älteste lutherische Kirche Elberfelds ist aus dem Stadtzentrum nicht wegzudenken. Seit 272 Jahren steht der charakteristische Bau in der Innenstadt. Die Vorgeschichte der Kirche zeugt von heftigen Konfessionskämpfen zwischen Reformierten und Lutheranern im damaligen Elverfeld, das etwa 3000 Einwohner zählte. Die lutherischen Christen hatten dort seit 1695 für ihr Recht auf Religionsausübung gestritten. Nach fast 60 Jahren konnten sie 1752 ihre Kirche an einem zentralen Platz einweihen: Der Kolk war ein Teich, an dem man sich zum Wäschewaschen traf.

Den Kirchenbau hatte man behutsam in die vorhandene Häuserzeile eingefügt und den örtlichen Gegebenheiten angepasst. Den Turm stellte man nach Osten an die quer verlaufende Straße (heute Morianstraße), wo der Haupteingang entstand. Wohlhabende Bürger spendeten Geld, die ärmeren bauten mit ihrer Arbeitskraft die lutherische Kirche. So wurde sie zu einem Gemeinschaftswerk. Anfangs hatte der Turm ein einfaches Pyramidendach. Für eine würdige Turmspitze wurde in der Gemeinde noch einmal gesammelt.

Seit 1774 zählt die markante barocke Form der Turmspitze zur Silhouette Elberfelds. Im 20. Jahrhundert erlebte die Kirche drei schwere Zerstörungen: Beim Bombenangriff auf Elberfeld in der Nacht von 24. auf den 25. Juni 1943 brannte sie bis auf die Grundmauern aus. Mit großem Engagement der Gemeinde gelang der Wiederaufbau, 1951 erfolgte die Wiedereinweihung. Im Sommer 1973 ereignete sich auf dem Nachbargrundstück der Firma Abeler eine Explosion, die Kirche, Fenster und Bausubstanz schwer beschädigte. Während der Restaurierungsarbeiten im Frühjahr 1974 wurde die Kirche durch einen Brandanschlag erneut fast vollständig zerstört. Noch einmal wurde sie aufgebaut und am 1. Advent 1975 wieder eingeweiht. Vor knapp zehn Jahren zeigte sich, dass der Turm restauriert werden musste. Mörtel war aus den Fugen geplatzt, aus dem Bruchsteinmauerwerk waren Steine herausgefallen. Ab 2016 war der Turm eingerüstet, 2020 nahm die Sanierung Gestalt an, Anfang 2023 wurde sie abgeschlossen. Seitdem ist der Turm wieder hell verputzt, was seinem Aussehen bis ins 19. Jahrhundert entspricht. Die Kosten betrugen rund zwei Millionen Euro. Dafür hatte die Gemeinde Grundstücke verkauft, bei Konzerten wurden Spenden gesammelt, Fördergelder vom Land und der Stiftung Denkmalschutz kamen hinzu, die Wuppertaler spendeten fleißig. Knapp ein Jahr später fasste das Presbyterium „schweren Herzens“ den Beschluss, die Alte lutherische Kirche am Kolk zu entwidmen und „in gute Hände“ abzugeben. Fünf Kaufinteressenten gibt es aktuell. Die Nachnutzung soll kritisch geprüft werden.

Die Orgel hat eine bewegende Geschichte

Wenn am 1. September die Kirche entwidmet wird, erklingt im Gottesdienst die Kantate „Alles was ihr tut“ von Dietrich Buxtehude. „Diese Kantate handelt von Dankbarkeit und sie hat die Kirche am Kolk in den letzten 50 Jahren immer wieder begleitet“, sagt Thorsten Pech, der 1997 dort seine Stelle als Kantor antrat. Im letzten Gottesdienst in der feierlichen lutherischen Liturgie und in einem letzten Konzert am Samstag wird Thorsten Pech auf der Klais Orgel spielen, die wie die Kirche eine bewegende Geschichte hat. Für Hans Gerd Klais, einen katholischen Orgelbauer von Weltruf, war es 1971 die erste Klais Orgel in einer Evangelischen Kirche. Klanglich gelang sie optimal. „Das ist mein Lieblingsstück“, zitiert Thorsten Pech gern den Seniorchef der Firma Klais. Bei der Explosion 1973 wurde die Orgel geringfügig beschädigt, beim Brandanschlag 1974 blieb von dem wertvollen Instrument nichts mehr erhalten. Es heißt, dass das geschmolzene Zinn der Orgelpfeifen den Boden der Kirche bedeckte. Dank vieler Spenden konnte Klais die Orgel ein zweites Mal bauen. Bei der Wiedereinweihung am 31.8. 1977 erklang die berühmte Toccata und Fuge d-moll von Johann Sebastian Bach.

Genau 47 Jahre später wird sie ein letztes Mal feierlich am Kolk erklingen, wenn Thorsten Pech am Samstag Orgel-Highlights aus 27 Jahren Kirchenmusik präsentiert.