Infoabend am 16. September Evangelische Kirche in Vorst wird entwidmet

Tönisvorst · Die Evangelischen Kirchengemeinden verlieren Mitglieder, die Kosten für die Gebäude steigen. Das Gemeindeleben wird sich daher auch in Vorst und St. Tönis verändern. In Vorst wurde Anfang des Jahres ein erster Schritt getan.

Über die Entwidmung der evangelischen Kirche in Vorst informiert die Gemeinde am 16. September.

Über die Entwidmung der evangelischen Kirche in Vorst informiert die Gemeinde am 16. September.

Foto: Marc Schütz

Ob als Restaurant, Kindergarten, Kulturzentrum, zum Wohnen, als Grabeskirche oder für vielfältige andere Zwecke: Es gibt in ganz Deutschland viele Beispiele für alternative Nutzungsmöglichkeiten von Kirchen. Wie aber die Zukunft der evangelischen Kirche in Vorst aussieht, darüber haben sich die Verantwortlichen der Evangelischen Kirchengemeinde Anrath-Vorst in den vergangenen Monaten viele Gedanken gemacht. Die Entwidmung der evangelischen Vorster Kirche wurde vor Kurzem mit einem Absichtsbeschluss im Presbyterium eingeleitet. Was genau das bedeuten kann, darüber möchte die Gemeinde in einer außerordentlichen Gemeindeversammlung am 16. September informieren. Zudem steht der Zukunftsprozess 2035 auf der Tagesordnung.

Finanzielle Mittel der Gemeinde sind stark rückläufig

Obige Beispiele der Nutzung seien aber sehr unwahrscheinlich, sagt Pfarrer Martin Gohlke im Gespräch mit unserer Redaktion, man stehe ganz am Anfang des Prozesses und wolle darüber informieren, wie es nun weitergeht. Und Gohlke betont, dass es nicht um eine Entweihung der Kirche gehe, die die Nutzung für Gottesdienste verbiete: „Das wäre ein viel größerer Schritt.“ Eine Entwidmung eröffne andere Nutzungsmöglichkeiten – „das heißt nicht, dass zukünftig in der Vorster Kirche keine Gottesdienste mehr stattfinden dürfen. Gottesdienste sind weiterhin möglich und werden auch durchgeführt. Allerdings könnten mit einer Entwidmung auch andere zusätzliche Nutzungsmöglichkeiten oder auch Umbauarbeiten zum Zuge kommen“, informiert die evangelische Kirchengemeinde Anrath-Vorst in der Einladung zur Versammlung.

Kirchliches Leben werde sich in den nächsten Jahren verändern, so die Gemeinde weiter. „Die finanziellen Mittel sind rückläufig und werden sich nach den Prognosen bis 2035 für Kirchengemeinden vermutlich halbiert haben. Hat die Evangelische Kirchengemeinde Anrath-Vorst zur Zeit noch knapp 3000 Mitglieder, so werden es in zehn Jahren wahrscheinlich weniger als 1800 sein.“

Auch Nachbargemeinde St. Tönis erwägt Umstrukturierungen

Um sich mit dieser Entwicklung auseinanderzusetzen, gibt es den Zukunftsprozess 2035, der das Ziel hat, die Evangelische Kirchengemeinde Anrath-Vorst sowie die anderen Kirchengemeinden in der Region Mitte – Kempen, St. Tönis, Grefrath und die Emmaus-Gemeinde in Willich – für die kommenden Jahre zu stärken und weiterzuentwickeln. Gemeinsam werde dann überlegt, wo Schwerpunkte sind und wie man enger zusammenarbeiten und Erfahrungen austauschen kann.

Hinzu kommt die Herausforderung, alle Gebäude bis 2035 klimaneutral zu ertüchtigen, wie es 2022 auf der Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland beschlossen wurde. „Daher wird es auch für die Evangelische Kirchengemeinde Anrath-Vorst in Zukunft schwierig werden, die Gebäude und Kirchen alleine betreiben zu können, da die Betriebskosten davonlaufen. Somit sollten Möglichkeiten in Betracht gezogen werden, starke finanzielle Partner zu suchen“, so die Gemeinde weiter. Ein erster Schritt wurde schon Ende Januar dieses Jahres gemacht: Die katholische Pfarrgemeinde St. Godehard Vorst und die Evangelische Kirchengemeinde Anrath-Vorst nutzen das neben der evangelischen Kirche gelegene Paul-Schneider-Haus seither als gemeinsame ökumenische Begegnungsstätte.

Auch in der benachbarten Evangelischen Kirchengemeinde St. Tönis macht man sich Gedanken über die Zukunft – wenngleich Robert Marlinghaus und Pfarrer Christian Dierlich von der 2021 ins Leben gerufenen Arbeitsgemeinschaft Gemeinde-Konzeption im aktuellen Gemeindebrief betonen, dass veröffentlichte Zahlen wie beispielsweise zum Rückgang von Gemeindegliedern „nicht selten zu drastisch formuliert“ und „meist vom schlechtesten Fall her gerechnet“ seien. Ja, es werde nicht leicht, und „wir werden sicher auch Fleischtöpfe hinter uns lassen müssen. Doch wir haben die Aussicht, dass es weitergehen wird und dass die Gemeinde beziehungsweise die Kirche auch noch unsere Kirche sein wird.“ Wie das „Gelobte Land“ genau aussehen werde, „das nehmen wir gemeinsam in den Blick, und das gestalten wir gemeinsam“, so Dierlich und Marlinghaus weiter. Manches werde nur weitergehen können, „wenn wir es anders organisieren. Mit weniger hauptamtlichen Ressourcen und vielleicht auch an einem anderen Ort.“ Die Arbeiten an einem Gemeinde-Konzeptpapier in St. Tönis gehen gerade auf die Zielgerade, so Marlinghaus und Dierlich weiter.

Dass die fünf evangelischen Gemeinden in Vorst, St. Tönis, Kempen, Willich und Grefrath verstärkt gemeinsame Wege gehen möchte, zeigt auch der erste Gottesdienst der fünf evangelischen Gemeinden, der am Sonntag, 8. September, um 11 Uhr beim Hilfswerk Action Medeor an der St. Töniser Straße 21 in Vorst stattfinden wird. Er findet unter dem Motto „Gut, dass wir einander haben“ unter freiem Himmel statt. Im Anschluss gibt es ein gemeinsames Mittagessen, das die Möglichkeit zum Kennenlernen und Austausch bietet. Für Kinder gibt es eine Hüpfburg.