Kitas Jedes dritte Kindergarten-Kind spricht zu Hause kein Deutsch

Wuppertal · Wuppertaler Kindergärten integrieren Sprachförderung in den Alltag. Trotz eines Mangels an Erziehern.

Wuppertals Kindertagesstätten müssen eine enorme Integrationsarbeit leisten – trotz eines Mangels an Erziehern.

Foto: dpa/Christian Charisius

Wuppertals Kitas müssen eine enorme Integrationsarbeit leisten: Im Stadtgebiet spricht mehr als jedes dritte Kindergartenkind zu Hause vorrangig kein Deutsch. Das geht aus Zahlen des Statistikamtes IT.NRW hervor. In Wuppertal verständigen sich 35,3 Prozent der Kinder zu Hause kaum auf Deutsch, die Zahl ist im Vergleich zu den Vorjahren (2017: 34,6 Prozent; 2016: 32,6 Prozent) gestiegen. Eine Herausforderung für die rund 2000 Erzieher in den Kitas des Stadtgebiets.

Sozialdezernent Stefan Kühn sagt: „Dass Kinder mit Migrationshintergrund zu Hause erst einmal die Muttersprache lernen, ist per se nichts Schlechtes.“ Das bilde die Basis, um dann in der Kita die erste Fremdsprache Deutsch zu erlernen.

Schon seit Jahren verfolgen die Kitas das Konzept der „alltagsintegrierten Sprachförderung“ berichtet Kühn. Es gebe regelmäßig Fortbildungen für die Erzieher. Wie Sprachförderung bei Kleinkindern in der Praxis aussieht, schildert Sprachförderkraft Silke Zähl, die sich in der Kita Spatzennest e.V. am Katernberg um die Nicht-Muttersprachler kümmert. „Das geht viel übers Zeigen und Erklären. Bei komplexeren Zusammenhängen kommen Bildkärtchen zum Einsatz“, sagt Zähl.

Der sprachliche Erfolg stellt
sich in der Kita schnell ein

Während die Kita am Katernberg nur sehr selten mit Kindern aus Migrationsfamilien zu tun hat, ist Spracherwerb beim Kindergarten Nachbarschaftsheim am Ostersbaum ein Alltagsthema. Leiterin Bianca Göhler sagt: „Für uns ist das kein Trend, sondern schon länger so.“ Auch hier setzt man auf die alltagsintegrierte Sprachförderung und hilft so Kindern bei der Verständigung, die in der Kita oftmals die allerersten Worte Deutsch sprechen. Dabei komme es automatisch vor, dass wiederum die Erzieher rudimentäre Kenntnisse über die verschiedenen Muttersprachen der Kinder erlangen.

Die Vielfalt ist da in Wuppertal groß. Laut Michael Neumann, Stadtbetriebsleiter Kitas, gehen Kinder aus deutlich mehr als 100 unterschiedlichen Nationen in die Kitas vor Ort. Die Einwohnerstatistik verrät, dass die größten beiden Gruppen der Zugereisten in Wuppertal aus der Türkei (10 772 Bürger) und Syrern (8699) kommen. Weitere große Gruppen machen Italiener, Griechen und Polen aus.

Der sprachliche Erfolg stellt sich in den Kitas schnell ein. Das berichtet auch Heike Hackländer, Leiterin der Kita „Die Stifte“ e.V. in der Elberfelder Südstadt. Sie sagt: „In vier bis sechs Wochen trauen sich die meisten Kinder erste Worte in Deutsch zu sprechen.“ Sprachförderin Silke Zähl spricht von einem halben Jahr, bis sich ein Kind gut verständigen kann. In der Regel sprechen die Kinder, die mit dem Kita-Alter Deutsch lernen, akzentfrei wie ein Muttersprachler.

Sozialdezernent Stefan Kühn sieht daher jedes Migrantenkind in einer Kita als einen erfolgreichen Schritt in Richtung Integration: „Das ist der beste Ausdruck dafür, dass die Eltern wollen, dass das Kind Deutsch spricht.“ Dabei sei bei den Migranten keine Tendenz festzustellen, dass sie den Gang zur Kita scheuen: „Das Nachfrageverhalten ist bei Deutschen und anderen Nationalitäten identisch.“

Um trotzdem auch diejenigen einzufangen, die – vielleicht auch aus Unkenntnis des Angebots – in die sprachliche Isolation abzugleiten drohen, schreibe die Stadt aktiv Eltern an und weise auf die Tage der offenen Tür in den Kitas hin. Auch bei den verschiedenen Kulturvereinen sei die Stadt zu Besuch und mache dort klar: „Kita gehört zur Bildung dazu. Das ist das Fundament auf das es ankommt“, so Kühn.

Zwei von sechs Gruppen
besetzt – es fehlt an Personal

Der Integrationsauftrag der Kitas sei natürlich eine Herausforderung, so Kühn. Er verweist auf die Förderung „PlusKita“. Kindertageseinrichtungen, die in ihrem Umfeld einen hohen Anteil Familien mit „erschwerten Startbedingungen“ haben – also einem hohen Migrationsanteil oder vielen Hartz-IV-Empfängern – erhalten vom Land einen zusätzlichen Finanzschub. Seit dem Kindergartenjahr 2014/2015 bekommen diese PlusKitas mindestens 25 000 Euro pro Kalenderjahr.

Das können die bereits personell gebeutelten Einrichtungen in Wuppertal gut gebrauchen. Weiterhin gibt es einen Erziehermangel in der Stadt: Von den 800 städtischen Erzieherstellen in Kitas sind mehr als 15 nicht besetzt – nicht eingerechnet die Stellen, die durch Kita-Neueröffnungen zusätzlich benötigt werden.

Das führt dazu, dass in den neuen Einrichtungen an der Rudolfstraße, der Kleestraße und der Staubenthaler Straße nur zwei von sechs geplanten Gruppen besetzt werden konnten. Nicht weil es an Platz, sondern weil es an Personal fehlte.