Literatur Jurist Hendrik Cremer stellt in der Bergischen VHS sein neues Buch über die AfD vor

Wuppertal · Ist der Rechtsstaat in Gefahr?

Hendrik Cremer (r.) forderte bei der von Miriam Schmidt (l.) moderierten Veranstaltung, dass die etablierten Parteien mehr für sich werben sollten.

Foto: Anna Schwartz

Einem kleinen Kreis von Interessierten stellte jetzt der promovierte Jurist und Rechtsextremismus-Experte Hendrik Cremer sein Buch „Je länger wir schweigen, desto mehr Mut werden wir brauchen – Wie gefährlich ist die AfD wirklich?“ vor. Cremer arbeitet am Deutschen Institut für Menschenrechte und promovierte über die Rechtsstellung unbegleiteter geflüchteter Minderjähriger nach der UN-Kinderrechtskonvention. Im Anschluss an die Buchvorstellung in der Bergischen Volkshochschule hatte das Auditorium Gelegenheit, dem Autor Fragen zu stellen und mit ihm ins Gespräch zu kommen.

In der moderierten Veranstaltung schilderte Hendrik Cremer seine Forschungsergebnisse zur Entwicklung der AfD von der Gründung 2015 bis heute unter besonderer Berücksichtigung des Aspekts der Radikalisierung. Einer der Schwerpunkte liegt dabei auf den Strategien, die die Partei nach seiner Beobachtung verfolgt, um sich zu etablieren. Er zeigte Gegenmaßnahmen auf, mit denen Bürgerinnen und Bürger sowie die etablierten politischen Parteien den Aktionen der AfD (Alternative für Deutschland), ihren Erfolgen und ihrer zunehmenden Akzeptanz begegnen können. Politische Bildung im Bereich der Schulen und der Erwachsenenbildung sieht Hendrik Cremer als wichtigen Baustein in der Aufklärungsarbeit über das, was die AfD seiner Auffassung nach beabsichtigt: Die Demontage des Rechtsstaates, die Abschaffung der Menschenrechte und die Errichtung eines Terror- und Schreckensregimes neben der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit dem russischen Diktator Putin.

An den Aktivitäten von Björn Höcke, Galionsfigur der AfD, Oberstudienrat und Mitglied des Thüringer Landtages, erläuterte Cremer einen weiteren Aspekt der von ihm identifizierten Strategie der AfD: Die ursprünglichen Initiatoren, Förderer und Unterstützer der AfD, Olaf Henkel, Jörg Meuten und Bernd Lucke hätten die Aufgaben eines Korrektivs gehabt. Sie seien nach und nach im Prozess der überraschend schnellen Radikalisierung der AfD ausgetreten. Dieses Korrektiv fehle mittlerweile, die Partei sei bundesweit auf die Person von Höcke fokussiert, erläuterte der Extremismus-Experte.

Der Katalog der Maßnahmen, den Hendrik Cremer den Bürgerinnen und Bürgern sowie den etablierten Parteien gegen die Einflussnahme der AfD an die Hand gibt, ist umfangreich: Die etablierten demokratischen Parteien müssten mehr für sich werben, forderte der Referent. Auch in den Demonstrationen gegen rechts, die sich seit den Enthüllungen der Korrektiv-Recherche immer wieder engagieren, sieht Cremer ein Mittel, seine Haltung gegenüber der AfD kundzutun. Allerdings, so wies er mehrfach darauf hin, habe er nicht den Eindruck, dass die Gefährlichkeit der AfD in der Breite der Gesellschaft erkannt werde. Diese täusche die Öffentlichkeit gezielt durch Tabubrüche und Selbstverharmlosung skizzierte Cremer seine Forschungsergebnisse zu den unterschiedlichen Gesichtern der Partei.

Hendrik Cremer erklärte den knapp 20 Gästen auch das Verfahren, das zum Verbot der AfD führe würde: Ein Antrag auf die Prüfung für ein Verbot sei die erste Stufe, erläuterte der Jurist. Diesen Antrag könnten der Bundesrat, der Bundestag oder die Regierung als Ganzes stellen. Die Problematik sei, im Falle einer Prüfung respektive eines Verbots, den Wählerinnen und Wählern einer demokratisch gewählten Partei ein Verbot zu erklären, so der Jurist. Darin sehe er die Scheu der Organe der Bundesregierung, den Antrag, den er selbst für dringlich hält, zu stellen.