Kläranlagen Kleinkläranlagen: Stadt bleibt hart - Eigentümer müssen investieren
Wuppertal · Frank Rützenhoff aus Herbringhausen hatte mehr als 20 Jahre lang die Erlaubnis, sein Abwasser selbst zu klären. Nun soll er sich für 10 000 Euro eine Sammelgrube anlegen.
Frank Rützenhoff versteht die Welt nicht mehr. 1993 hat der Herbringhauser von der Stadt Wuppertal die Genehmigung erhalten, sein Abwasser in einer eigens finanzierten Kleinkläranlage selbst zu säubern. Das ist eine Ausnahmegenehmigung, die nur in Ortslagen zu tragen kommt, in denen die Stadt selbst nicht in der Lage ist, sich um das Abwasser zu kümmern. Rützenhoffs Grundstück ist nicht ans Kanalsystem angeschlossen. In die KKA habe damals noch der Vater des Wuppertalers rund 15 000 D-Mark gesteckt.
Nun soll Rützenhoff neu investieren, denn die Stadt hat die Ausnahmegenehmigung in seinem Fall - neben Rützenhoff gibt es noch 144 weitere Kleinkläranlagen im Stadtgebiet - nicht verlängert. Jetzt soll ein Entsorgungsfahrzeug sein Abwasser abholen, so wie das in Wuppertal bei 1700 Haushalten der Fall ist. Für Rützenhoff ist das nicht nur ein Unding, weil er sich nun eine mindestens 10 000 Euro teure Sammelgrube anschaffen muss, er lehnt diese Lösung auch aus Umwelt-Gründen ab: „Diese ganzen LKW-Fahrten sind doch eine ökologische Bankrott-Erklärung.“
Frank Martin vom Ressort Umweltschutz beruft sich auf das Landeswassergesetz, nachdem grundsätzlich Städte und Gemeinden verpflichtet sind, das auf ihrem Gebiet anfallende Abwasser zu beseitigen. Eine Ausnahmegenehmigung ist auf 20 Jahre befristet. Danach wird jeder Einzelfall wieder neu geprüft. Die Stadt müsse einen „unverhältnismäßig hohen Aufwand“ nachweisen, um eine Ausnahmegenehmigung zu rechtfertigen. Das könne etwa zum Tragen kommen, wenn der Abwasser-Wagen das betroffene Grundstück wegen der Beschaffenheit der Verkehrsanbindung nicht ganzjährig anfahren kann.
Doch Frank Rützenhoff wundert sich, warum er über Jahre eine Kleinkläranlage nutzen durfte und nun zum Umrüsten gezwungen wird. Er stellt fest: „Wuppertal ist in Deutschland die einzige Gemeinde, die von ihren Bürgern fordert, Kleinkläranlagen in abflusslose Sammelgruben umzustellen.“
Zwei Fachausschüsse lehnten
Rützenhoffs Bürgerantrag ab
Die WZ fragte beim Nachbarn Solingen nach, ob das wirklich der Fall ist. Die Antwort von Pressesprecherin Birgit Wenning-Paulsen: „In Solingen gab es bisher keine Forderungen, eine Kleinkläranlage in eine abflusslose Sammelgrube umzuwandeln.“ Allerdings: Weil noch keine Kleinkläranlage in Solingen älter als 20 Jahre ist, hat es auch noch keine Prüfung dieser Art gegeben. Allerdings weist die Fachstelle in Solingen darauf hin, dass eine Verlängerung „grundsätzlich möglich ist und auch so praktiziert wird, wenn die Vorgaben es zulassen“.
Mehr will Rützenhoff auch nicht. Er hat einen Bürgerantrag formuliert, der eine Änderung der Wuppertaler Abwassersatzung forderte. Das Ziel: Einen Regelbetrieb von Kleinkläranlagen immer als Möglichkeit zu erlauben, wenn kein fester Kanal vorhanden ist.
Im jüngsten Umweltausschuss sorgte der Vorschlag für rege Diskussionen. Grünen-Fraktionssprecherin Ilona Schäfer sagte: „Ich kann die Argumentation nur unterstützen. Vor dem Hintergrund der Diesel-Debatte sind die LKW-Fahrten nicht nachvollziehbar.“ Oliver Siegfried Wagner (SPD) teilte Rützenhoffs Verwunderung über die mutmaßlich unterschiedliche Praxis in unterschiedlichen Städten: „Irgendeiner liegt falsch.“
Die Stadt zeigte sich selbstbewusst, dass sie es nicht ist. Nina Gertz vom Ressort Umweltschutz sagte: „Es kann sein, dass andere Städte das anders machen. Das muss aber nicht heißen, dass das rechtskonform ist.“ Martin untermauerte im Ausschuss, dass das Verwaltungsgericht der Wuppertaler Praxis stets Recht gegeben habe.
Am Ende lehnte der Ausschuss den Bürgerantrag bei fünf Enthaltungen und zwei Stimmen für den Antrag ab. Auch im Finanzausschuss fand das Anliegen kein Gehör. Auf Rützenhoff kommt nun eine einstweilige Verfügung zu, seine Anlage stillzulegen. Doch Rützenhoff und mit ihm drei Nachbarn wollen weiterkämpfen - mit Hilfe eines Anwalts und der Deutschen Umwelthilfe.