2. Sinfoniekonzert Kolja Blacher und Carl St. Clair zu Gast beim Wuppertaler Sinfonieorchester
Wuppertal · Dramatische Episode aus dem Leben eines Künstlers.
Beim 2. Sinfoniekonzert in der Historischen Stadthalle steht am 27. und 28. Oktober ein gern gesehener Gast am Pult des Sinfonieorchesters Wuppertal: Carl St. Clair. Er wird dem Publikum mit der klanggewaltigen „Symphonie fantastique“ von Hector Berlioz und dem Violinkonzert Nr.5 A-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart großen Musikgenuss bereiten. Um ihre Verbundenheit mit Carl St. Clair zu bekunden, ernannte ihn das Orchester im Januar zu seinem „Ehrengastdirigenten“. In fast 30 Jahren habe er als Gast das Sinfonieorchester Wuppertal mitgeprägt, hieß es in einer Laudatio.
Beim Besuch der Westdeutschen Zeitung im Probenraum an der Burgunderstraße wird die „Symphonie fantastique“, das Meisterwerk des Franzosen Hector Berlioz, geprobt. Die dramatische „Episode aus dem Leben eines Künstlers“ ist das erste programmatische Werk der Musikgeschichte und eines der bedeutendsten romantischen Werke überhaupt. In Besetzung, Form und Inhalt beschritt Berlioz 1830 völlig neue Wege. „Er war absolut innovativ, hatte eine „Idée fixe“, so etwas hat es nie vorher gegeben“, sagt St. Clair begeistert. Voller Energie und mit ansteckender Begeisterung studiert der vom Orchester hochgeschätzte Dirigent das Werk mit den Musikern ein. Er beschreibt kleinste Nuancen, feilt an fast jedem Takt. „Sie haben die schwerste Arbeit“, ruft er den Schlagwerkern zu, die stark vertreten sind. Auch zwei Tuben, zwei Harfen und zwei große Glocken sind im Einsatz. „Das Publikum wird hören, ob es Hochzeitsglocken oder Trauerglocken sind“, meint St. Clair. Temperamentvoll lässt er die Musiker stärkere Akzente setzen, beschreibt die einzelnen Szenen, die Berlioz auch in Texten festgehalten hat. Große Liebe, Opiumrausch, Hexensabbat und der Tod werden in opulenten Klangbildern deutlich. Die Geigen flirren geheimnisvoll, die Stimmung steigert sich ins Unheimliche.
Romantischer Dialog
zwischen Englischhorn und Oboe
„Kennt ihr Halloween?“, fragt St. Clair auf Englisch und arbeitet Details heraus. In einem romantischen Dialog zwischen Englischhorn und Oboe unterhalten sich zwei Hirten, langsam kommt ein Sturm auf. „Ich liebe jede Note, jede Note hat eine Bedeutung“, schwärmt der 72-jährige Dirigent. Seine Begeisterung gibt er an die Musiker weiter, die es offensichtlich genießen, mit ihm zu arbeiten.
Als zweites Werk steht Mozarts Violinkonzert A-Dur KV 219 mit träumerisch schwebenden Tönen auf dem Programm. Mit Kolja Blacher, dem Solisten des Konzerts, hat Carl St. Clair schon zusammengearbeitet. „Wir haben uns in Berlin kennengelernt, als Blacher Erster Konzertmeister der Berliner Philharmoniker war“, erinnert sich St. Clair und freut sich sehr auf die Zusammenarbeit in Wuppertal. Als Solist ist Kolja Blacher ein international renommierter Geigenvirtuose der Spitzenklasse. Der Sohn des Komponisten Boris Blacher ist weltweit als Violinist und Dirigent gefragt. „In der wunderschönen Historischen Stadthalle in Wuppertal war ich vor vielen Jahren zu Gast“, erinnert sich Blacher. Mit dem Wuppertaler Sinfonieorchester ist er noch nicht gemeinsam aufgetreten, verbindet mit ihm aber viele positive Erinnerungen an Peter Gülke, der von 1986 bis 1996 Generalmusikdirektor bei den Wuppertaler Bühnen war. Über Mozarts Violinkonzert A-Dur, das er in diesem Jahr in Mailand gespielt hat, sagt Blacher: „Es ist ein tolles Stück! Schon im ersten Satz hat die Geige einen wunderschönen ersten Einsatz.“ Mit etwa 30 Minuten ist es das längste, anspruchsvollste, melodisch einprägsamste und im Orchesterklang reichste von Mozarts fünf Violinkonzerten.
„Der zweite Satz ist traumhaft schön“, schwärmt Blacher. Im letzten Satz verwandelt sich eine romantische Episode in einen dramatischen Marsch „Alla turca“. Das Finale beginnt mit galantem Rokoko-Menuett, aber eine Ambivalenz zwischen Schönheit und Vergänglichkeit ist bei dem damals 20-jährigen Mozart unterschwellig präsent. Kolja Blacher wird auf einer berühmten Stradivari Geige von 1730, der sogenannten „Tritton“, spielen. Auch die ist überaus hörenswert.