Kommentar Gaffer 2.0: Geteiltes Leid ist doppeltes Leid

Meinung | Wuppertal · Gaffer hat es schon immer gegeben. Aber die Gaffer 2.0 – bewaffnet mit dem Smartphone – können potenziell einen größeren Schaden anrichten. Und sie fügen dabei Menschen Leid zu, die sowieso schon zum Opfer geworden sind.

Foto: dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

Gaffer hat es schon immer gegeben. Aber die Gaffer 2.0 – bewaffnet mit dem Smartphone – können potenziell einen größeren Schaden anrichten. Und sie fügen dabei Menschen Leid zu, die sowieso schon zum Opfer geworden sind.

Die Beteiligten eines schweren Unfalls erleben in den Momenten danach oftmals die schwersten Minuten ihres Lebens. Selbst wer nicht verletzt ist, befindet sich in der Regel in einer psychischen Grenzsituation. Und genau in diesem Moment halten Fremde mit dem Handy drauf und teilen ein ganz persönliches Leid mit der ganzen Welt. Einmal im Netz kann man solche Bilder schwer wieder einfangen.

Daniel Neukirchen, WZ-Redakteur

Foto: Schwartz, Anna (as)

In diesen Situationen wird das Handy zur zerstörerischen Waffe – die fast jeder bei sich trägt. Unabhängig davon, dass Handyfilmer manchmal mitten im Straßenverkehr weitere Menschenleben gefährden, muss sich unbedingt das Bewusstsein dafür schärfen, welchen Stellenwert Persönlichkeitsrechte haben und wie schlimm für die Betroffenen die Konsequenzen des Missbrauchs sein können. Ein Mensch muss ein Trauma verarbeiten können, um es hinter sich zu lassen. Als Unfallvideo im Internet bleibt es.

Früher hat man den Kindern gesagt: „Du muss das Teilen lernen.“ Das hat heute eine ganz andere Bedeutung. Eltern und Schulen sind gefragt. Die Medienpädagogik muss raus aus den Kinderschuhen. Die Schüler wissen, wie man das iPad benutzen kann. Aber wissen sie auch, wie man es nutzen sollte? Medien-Ethik muss auf den Lehrplan. Es lauern Gefahren im Internet, hört man immer wieder. Als sei da etwas Gefährliches hinter dem Display. Die Gefahr sitzt davor.