Gut für Wuppertal „Vorwärts“ sucht Fotos und Zeitzeugen

Barmen. · Der Förderverein will die Jahre 1933 bis 1960 in einer Ausstellung näher beleuchten.

Wolfgang Ebert, Vorsitzender des Fördervereins Konsumgenossenschaft Vorwärts Münzstraße, hofft auf Unterstützung.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Das beeindruckende Gebäude der Konsumgenossenschaft Vorwärts an der Münzstraße hat eine spannende Geschichte hinter sich. Eine liebevoll gemachte Ausstellung dokumentiert, wie 45 Familien 1899 die Genossenschaft gründeten, um günstig an Lebensmittel zu kommen. Daraus entwickelte sich ein riesiges Unternehmen, das bis zu 48 000 Mitglieder und 800 Beschäftigte hatte. Doch der Förderverein möchte gerne auch die wechselvolle Geschichte ab 1933 dokumentieren. Dafür sammelt er Geld auf Gut für Wuppertal.

„Wir glauben, dass es gerade in der heutigen Zeit notwendig ist, dem Vergessen etwas entgegenzusetzen“, sagt Wolfgang Ebert, Vorsitzender des Fördervereins. Das riesige Haus kann eindrucksvoll von den hässlichen Seiten der Nazi-Zeit berichten. So übereignete 1933 der Wuppertaler Stadtrat das Gebäude an die SA. Zwölf Stürme der SA wurden dort untergebracht und gedrillt. Von der Münzstraße aus überfielen sie Mitglieder von SPD und KPD. Politische Gefangene wurden im Keller verhört und gefoltert, bevor sie ins KZ Kemna weitergeleitet wurden.

Ab 1935 entstand in der Konsumgenossenschaft ein SA-Hilfswerklager, wo SA-Männer fortgebildet wurden. Gleichzeitig bauten die Nazis die Remise zur Reithalle um und formten dort ihre Männer zu Reiterstürmen. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde das Gebäude zur Kaserne. Im Untergeschoss übten Soldaten an Panzer-Abwehrgeschützen. Die Tiefgeschosse boten auch den Anwohnern als Luftschutzkeller eine Zuflucht. Nach dem großen Luftangriff diente das Gebäude bis 1954 als Lebensmittellager. Danach fanden Heimatvertriebene und Flüchtlinge Aufnahme in der ehemaligen Konsumgenossenschaft.

Gut für Wuppertal neu 2019

Foto: Gut für Wuppertal

„Wir suchen dringend noch Fotos oder andere Erinnerungsstücke aus dieser Zeit“, betont Wolfgang Ebert. Auch Zeitzeugen, die sich noch an die Geschehnisse in den 30er bis 50er Jahren erinnern, hofft er zu finden. Er rechnet mit Kosten von 20 000 Euro für eine ansprechende Ausstellung über diese Zeit: „Wir werden dafür externe professionelle Hilfe in Anspruch nehmen müssen.“ Schulen, Vereine und Kirchengemeinden haben reges Interesse an der bisherigen Ausstellung in der Konsumgenossenschaft und kommen auch aus dem weiteren Umkreis. Privatpersonen können am Tag des offenen Denkmals, 8. September, von 11 bis 16 Uhr Führungen zur Geschichte der Konsumgenossenschaft besuchen. Bei Kaffee und Kuchen gedenkt der Förderverein mit seinen 90 Mitgliedern dann auch an die Gründung der Genossenschaft vor 120 Jahren.