Kultur „Das Zulassen des Theaters bedeutet ein geringeres Minus“
Wuppertal · Die Auflagen seien nicht zu streng, aber sie erlauben keinen Theaterbetrieb, der sich rechne. „Ich hätte lieber die klare Aussage, dass die Theater zu bleiben sollen“, sagt Kristof Stößel.
Ihn sorgen die Corona-Krise, die den guten Lauf seiner Komödie am Karlsplatz jäh unterbrach, und die vom Land zum 30. Mai erlaubte Wiedereröffnung, die unter Infektionsschutzbedingungen nicht lohne. 29 der 164 Plätze seines Theaters dürfte er belegen, wenn er den Sicherheitsabstand von 1,50 Meter einhielte, hat Stößel nachgemessen. Ein Foto davon drückt seit Tagen im Netz bildhaft aus, was viele Kollegen, vor allem in den deutschsprachigen Ländern, denken.
Das Jahr hatte gut begonnen, die Zuschauerzahlen stiegen, „wir waren auf dem richtigen Weg, hatten aber viel Arbeit“. Da traf es sich zunächst gut, dass die Stilllegung des Theaters im März Zeit für Frau und Hund, für Terrasse und virtuelle Kommunikationsformen wie das Skypen mit Freunden schuf. Wenngleich der Kontakt zum Ensemble zunehmend fehlte, die „Kreativität irgendwo hin müsse“. Also verwirklichte Stößel seine Ideen im Netz.
14 Lesungen bestritten die Schauspieler mit ihren Lieblingsbüchern online. Das Lied „Wenn man Freunde hat“ von Catherina Valente wurde von den Schauspielern im jeweiligen Zuhause eingesungen und zu einem Film zusammengeschnitten. Fabienne van Straten, Stößels Alter Ego, avancierte zur Talkshow-Moderatorin. Über Skype plauderte sie mit Gästen (zum Beispiel vom Netzwerk „Bergische Hochzeitswelten“) über kulturelle, wirtschaftliche und andere Themen. Die Gespräche wurden auf eine Stunde geschnitten, samstags auf Facebook und später bei Youtube eingestellt.
Theater waren in die Vorbereitung nicht eingebunden
Mit Erfolg: Bei Facebook gewann Stößel an die 400 Follower, bei Instagram werden mittlerweile über 800 gezählt. Vorläufiger virtueller Höhepunkt war am 2. Mai eine improvisierte Liveshow, die übers Netz in die Wohnzimmer der Zuschauer übertragen wurde. Über zwei Stunden lang unterhielt das Ensemble mit Sketchen und Liedern. Auf hundert verkaufte Tickets hatte Stößel gehofft, 325 Mal wurde der Livestream gekauft, mittlerweile fast 2000 Mal aufgerufen. Am 21. Mai folgt die Fortsetzung mit Fabienne, die eine Show zum Thema Lieblingslieder moderiert. Weil die Künstlerin sehr beliebt ist, ihre bekannten Stadtführungen derzeit ebenfalls nicht möglich sind, darf auch sie live im Netz durch Wuppertal führen.
Dennoch will auch der Spieltrieb vor analogem Publikum im Theater befriedigt werden. Als die Perspektive 30. Mai eröffnet wurde, mischte sich in die Freude sogleich das Informationsbedürfnis. Die das Land erst am 25. Mai mit detaillierten Regeln stillen wolle. Und das Wuppertaler Ordnungsamt, so Stößel verweise aufs Land. Er selbst tauscht sich mit seinen Theaterkollegen in der Stadt und außerhalb aus.
Außerdem hat er gemessen, wie viele Zuschauer er pro Aufführung in seinem Theater haben dürfte, wie der wegen des vermehrten Aerosole-Ausstoßes größere Abstand zwischen Schauspielern und Sängern auf einer sieben mal fünf Meter kleinen Bühne oder der Besucher-Gang zur Toilette während der Aufführung zu bewerkstelligen wäre. Ganz zu schweigen vom Proben der Stücke, den fehlenden Einnahmen durch die Gastronomie oder dem zu späten Ticketverkauf. Fazit: „Das Zulassen des Theaters bedeutet für uns ein geringeres Minus“, das derzeit bei laufenden Kosten weit im vierstelligen Bereich pro Monat und nach längst aufgebrauchter Soforthilfe entsteht.
Ausschließen will Stößel gleichwohl nichts. Er denkt an Solostücke, hofft auf Gastspiele für sein Ensemble, etwas Gastronomie. Und darauf, dass die Theater in künftige Entscheidungen eingebunden werden.